COLLECTION D’ARNELL-ANDRÉA im Interview

Photo: Vincent Lacape

„… eine Beschwörung der Natur.“

Fakten:
• Obwohl der Mitbegründer Pascal Andréa die Band vor dem ersten Live-Auftritt verließ, behielt die Formation rund um Jean-Christophe d’Arnell den Namen bei.
• Dieses Jahr feiert die Formation ihr 35-jähriges Bestehen!

Digital ist „A Forest Inside“ bereits zu genießen, und vor kurzem erschien das zwölfte Album von Collection d’Arnell-Andréa auch als CD mit 16-seitigem Booklet. Anfang 2024 werden auch Vinyl-Liebhaber auf ihre Kosten kommen. Wir sprechen mit Mastermind Jean-Christophe über innere Wälder, Verschmelzung mit der Natur und den Weg zu elektronischeren Klängen.

Innere Wälder?
Orkus:
Wie bist du auf den Titel „A Forest Inside“ gekommen bzw. gab es den Song zuerst?
Jean-Christophe d’Arnell: Der Song wurde lange, bevor sich die Frage nach dem Albumtitel stellte, komponiert. Er fragt, einmal mehr, nach der Beziehung zwischen Mensch und Natur: eine komplexe, intime Beziehung bis hin zu dieser Form der Verschmelzung: „Bin ich eine Blume? Bin ich eine Knospe?“… Dieser innere Wald stellt diesen wesentlichen, fast lebenswichtigen Teil der Natur dar, den der Mensch in sich trägt oder nach dem er strebt: ein verschwenderischer, fantasierter Wald, ein Waldgrab … ein ewiger Wald.

Verschmelzung
O: Gibt es einen roten Faden?
JCdA: Aus der Sicht der Texte könnte der rote Faden die ganz besondere Art und Weise sein, in der die Frage der Ökologie angegangen wird: Hier geht es weder um Schuld noch um Verzweiflung, sondern um eine Evolution, um eine Rückkehr zu den Grundlagen; eine Aufforderung an den Menschen, sich endgültig mit der Natur zu verschmelzen, bis hin zu der letzten Hoffnung, ein konstituierendes Element zu werden und so eine kleine Ewigkeit anzustreben: „Lichen on My Name“. Die zweite Gemeinsamkeit besteht in der sehr viel elektro-lastigeren Behandlung der Kompositionen; in dieser Orchestrierung kommen Gefühle der Revolte und des Zweifels angesichts einer eher düsteren ökologischen Realität zum Ausdruck. Schließlich beschreibt jeder der Titel auf mehr oder weniger explizite Weise den Kampf des Menschen mit der ihn umgebenden natürlichen Welt und sein schwieriges und oft schmerzhaftes Bewusstsein für die uns aufgezwungene Evolution.

Maschinen
O: Du hast es ja schon angemerkt, die Stücke sind deutlich elektronischer und sehr tanzbar. Wie kam es dazu?
JCdA: Ursprünglich wurden alle Songs ausschließlich aus Synthesizern und Rhythmusprogrammierung komponiert; auf dieser Basis, die per Definition sehr elektro-lastig ist, hat Chloé ihre Songzeilen und bereits bestimmte Refrains entwickelt. Dies ist wahrscheinlich die Hauptinspirationsquelle: Viele Maschinen und Chloés Stimme, die eine Beschwörung der Natur darstellt.

Farbenfrohe Trauer?
O: Das Album beginnt stark mit „The Colour of Your Mind“. Wie ist es entstanden?
JCdA: Es evoziert ganz explizit die letzten Momente eines Lebens, den letzten Atemzug. Dieser Titel hätte auch auf unserem vorherigen Album „Another Winter“ erscheinen können, dessen einziges Thema die Trauer war. Es schien uns auch interessant, dieses neue Album mit einem Titel zu beginnen, in dem die Frage nach dem „Ende“ eine große Rolle spielt und dessen elektrotechnische Dimension eindeutig die Farbe ankündigt.

Zurück zu den Wurzeln?
O: Was ist mit „Waiting for Meaulnes“? Inwieweit ist es eine Hommage an „Le grand Meaulnes“?
JCdA: „Waiting for Meaulnes“ bezieht sich in der Tat auf den berühmten Roman von Alain Fournier. Es ist auch und vor allem eine Rückbesinnung auf unsere eigene musikalische Reise, da dieser Roman „Le grand Meaulnes“ die einzige Inspirationsquelle für unser erstes Konzeptalbum „Un Automne à Loroy“ (1989) darstellte. Den Gedanken, dass Künstler dazu neigen, immer die gleiche Furche zu pflügen, kann ich also nur bestätigen.

Paradox?
O: Im Allgemeinen wirkt das Album einerseits melancholisch, andererseits aber auch sehr tanzbar. Sind das zwei Herzen, die in deiner Brust schlagen?
JCdA: Ja wahrscheinlich! Eine starke Tendenz zur Melancholie (oder eher Nostalgie) hat mich schon immer begleitet, ebenso wie eine gewisse Form von sehr positiver und dynamischer Energie (sogar Optimismus!) … ein Paradoxon, das unweigerlich in den Kompositionen von CDAA und in meinem Musikgeschmack seit jeher durchscheint.

Zukunftsblick
O: Wie sieht es mit euren Plänen für die nahe Zukunft aus?
JCdA: Wir arbeiten auch weiter am Artwork für die Vinyl-Ausgabe des Albums (die Veröffentlichung ist für Anfang 2024 geplant) mit Meidosem Records, einem Label, dem wir auch versprochen haben, uns sehr ernsthaft mit der Vinyl-Wiederveröffentlichung unseres Albums „Les Marronniers“ (1992) zu befassen. Auf einer persönlicheren Ebene arbeite ich an sehr „synthwavigen“ und sehr alten Kompositionen (1983/1984!) aus einem meiner ersten Musikprojekte „Visiteurs du Soir“. Die meisten dieser Songs wurden nie aufgenommen. Die Idee ist daher, sie nach einer „Live“-Aufnahme mit den Synthesizern und Drumcomputern, die ich damals benutzt habe (Korg KR 55, Korg DDD1, Korg MS 20, etc.), so weit wie möglich zu überarbeiten, um sie in Kürze in einem Aufnahmestudio aufzunehmen … eine echte Herausforderung!

Prägende Alben:


Kraftwerk – „Trans Europa Express“ (1977)
Ein echter Schock: ihre Kompositionen schienen mir sowohl einfach und minimalistisch als auch furchtbar komplex und streng zu sein; kurz gesagt, ihr Projekt war wie eine Einladung zum Experimentieren, alle Komplexe in Bezug auf die Kreation aufzugeben und eine echte Leidenschaft für repetitive und elektronische Musik zu entwickeln.

Nine Inch Nails – „And All That Could Have Been“ (live, 2002)
Ein perfektes Album, das Emotionen von unglaublicher Sensibilität (perfekt wiedergegeben insbesondere durch die Qualität der Tonaufnahme) und kontinuierlicher Kraft ausdrückt, bereit, sich bei der ersten Gelegenheit in „Industrial-Energie“ zu verwandeln. Eine Band, der ich trotz der manchmal sehr uneinheitlichen Produktion treu bleibe.

Dead Can Dance

Dead Can Dance – „Dead Can Dance“
Ein offensichtlicher Einfluss für unser erstes Album „Un Automne à Loroy“: Der Wechsel von männlichen und weiblichen Stimmen, die Verwendung von akustischen Instrumenten (Cello, Orchesterpauken) in einer Dark-Wave-Besetzung, die Annäherung zweier musikalischer Universen (Rock und symphonische Musik), literarische und bildliche Referenzen, eine sorgfältige Ästhetik voller Geheimnisse … Aus all diesen Gründen wurden die Universen von DCD und uns in unserer Anfangszeit oft verglichen und erwähnt (Albumkritiken). Wir hätten sogar bei einem ihrer allerersten Konzerte in Paris für sie eröffnen sollen. Aber der Veranstalter hat es versäumt, sich rechtzeitig mit uns in Verbindung zu setzen, dieses Treffen auf der Bühne wird nie stattgefunden haben!

Claudia Zinn-Zinnenburg

Line-up:
Chloé – Gesang
Carine – Piano, Synthesizer
Franz – Bass, Gitarre, Gesang
Thibault – Viola
Vincent – E-Gitarre
Xavier – Cello
Jean-Christophe – Synthesizer, Schlagzeug, Gesang

Hier kannst Du die Review zu „A Forest Inside“ lesen:

Hier im Shop:

Amazon:

Oder suche & finde nach Deiner PLZ einen der belieferten Läden auf:

Zum letzten Mal: Der „Dark Mystery“-Kalender 2024

Hier im Shop:

Amazon:

Oder suche & finde nach Deiner PLZ einen der belieferten Läden auf:

Genieße „A Forest Inside“ auf Spotify:

Für den Orkus1.com-Newsletter kannst Du Dich hier eintragen: