DANIELE BRUSASCHETTO im Interview

„Sogar die Kröte singt sein Lob.“

2 Fakten:
• Das italienische Projekt gibt es seit 1994.
• Die Musik des in Turin geborenen Daniele Brusaschetto zeichnet sich durch die Verbindung von Elementen aus Soundscapes, Elektronik und einem intimen Schreibstil aus.

Die Veröffentlichung des neuen Albums „Bruise a Shadow“ war für Daniele Brusaschetto eine „Erfüllung und Befreiung.“ Davor lagen „wahrlich intensive und anstrengende fünf Jahre.“ Das Ergebnis entspricht aber den Vorstellungen des Künstlers. Wir sprechen mit Daniele über den Kampf gegen Windmühlen, klassische Besessenheit, Amphibien und fahle Versuchungen.

Gegen Windmühlen?
Orkus:
Hinter dem vielseitigen Titel steckt auch das Thema Aussprache, oder?
Daniele Brusaschetto: Es ist hauptsächlich ein Wortspiel. Nicht-Italiener sprechen den Namen Brusaschetto wie „BruiseAShadow“ aus, vor allem englische Muttersprachler. Mein Freund Bruno Dorella wies mich darauf hin, als er mir sagte: „Ich habe den Titel für dein nächstes Album!“. Ich finde die („nicht“) Bedeutung, einen Schatten blass werden zu lassen sehr faszinierend und evokativ. Etwas zu schlagen, das keine Schläge einstecken kann … Don-Quijote-Stil gegen Windmühlen; oder wiederum, es am Schatten des leibhaftigen Gegners auszulassen, entweder aus Feigheit oder als Posse oder Überheblichkeit oder Verhöhnung … Man kann Spaß damit haben, die Dinge auf tausend verschiedene Arten zu drehen und wenden.

Klassisch?
O: Facettenreichtum und unkonventionelle Struktur prägen auch „Coal Woods.“ Wie lange wird an solch feurigem Arrangement gefeilt?
DB: Oh, lange. In den letzten sechs, sieben Jahren habe ich meinen Konsum klassischer Musik signifikant intensiviert. Wenn ich auch vollen Respekt davor habe, fühle ich die Notwendigkeit, über die gängige Songstruktur „populärer“ Musik hinauszugehen: Einleitung/Strophe/Chorus/Strophe/Chorus/Bridge/Chorus. Ich will Freude mit dem Suchen unterschiedlicher, komplexer Strukturen haben; Reibung bei der Gitarre, in unvorhersehbare Klangexkursionen stolpern und mich in akustische Achterbahnen mit Lichtgeschwindigkeit stürzen, selbstverständlich, ohne den Sinn für Melodie zu opfern, ein essentieller Teil des Ganzen.

Besessen
O: „The Eternal Perhaps of the Who Knows“ endet recht speziell, „Travaso di Bile“ abrupt und „Petra“ klingt sachte aus. Kommt es auf ein gutes Ende an?
DB: Ich bin tatsächlich ziemlich besessen von Enden, und wie ein Song mit dem nächsten verbunden wird. Es sind diese Details, die einen Unterschied machen. Selbst das simpelste Fade-out muss in Tempo und Länge kalibriert sein, um das richtige Gefühl von Abschluss bei einem Stück und Auftakt bei einem anderen zu vermitteln.

Versuchung?
O: Markiert die Albumveröffentlichung für dich Abschluss oder Anfang?
DB: Es ist eine Mischung davon. Die enorme kreative Arbeit und vielen Entscheidungen, die getroffen werden müssen, bevor ein Album produziert ist, gehören endlich der Vergangenheit an. Zu dieser Zufriedenheit kommt Neugier – Promoexemplare versenden, sehen, wie die Reviews sind, und ob die Öffentlichkeit es mag, die Suche nach Liveterminen – und dann schleicht sich der Wurm eines neuen kreativen Prozesses ein, anregend muss er aber doch geduldig warten. Wir müssen ihm beharrlich widerstehen, alles zu seiner Zeit.

Fahl?
O: Wie kam es dazu, dass Mond und Kröte in Coverartwork und Text zu „Alla Luna“ stecken?
DB: „Alla Luna“ („Zum Mond“) ist ein romantischer Song, der dem Mond gewidmet ist, nichts besonders Originelles schätze ich (lacht) … Aber es ist ein Satellit, der mich immer angezogen und fasziniert hat: vielleicht durch seine bescheidene Persönlichkeit, sein fahles Licht hat jede Nacht eine unterschiedliche Intensität. Das Leben auf der Erde wird heimlich von seiner Sichel kontrolliert. Sogar die Kröte singt sein Lob.

Freie Wildbahn?
O: Bist du jemals einer Kröte oder einem Frosch in freier Wildbahn begegnet?
DB: Denke ich an Frösche, erinnere ich mich lebhaft an Gebirgswanderungen in meiner Jugend, kleine Seen und Bäche gefüllt mit diesen Amphibien und ihren kleinen Kaulquappen. Was Kröten betrifft, habe ich hingegen Zweifel, vielleicht nur in irgendeinem Schaukasten in einem Zoo, irgendwo…

Schon gewusst?
Rocco Lombardis Kunst war bereits bei Daniele Brusaschetto & Paolo Spaccamonti „Burnout (August Sessions)“ vertreten. Beim neuen Cover musste sich Daniele an die „Präsenz des vielen Schwarz gewöhnen“, schätzt den Stil aber aus vielen Gründen und meint etwa, er könne die „schwer fassbaren Texte zurück auf die Erde holen“.

Bruise a Shadow

Martina Wutscher

Line-up:
Alberto ‚Mono‘ Marietta – Schlagzeug
Daniele Pagliero – Bass, Synthesizer
Daniele Brusaschetto – Gesang, Gitarre, Programming

Genieße das Lyric-Video zu „Sidereal Black“:

Daniele Brusaschetto live erleben:
01. Dezember 2023 IT-Busca, Curnaias
02. Dezember 2023 IT-Turin, Magazzino Sul Po

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