So war es bei MORRISSEY

Köln, Palladium, 18. Juni 2025
Willkommenes Wiedersehen
Köln am 18. Juni 2025. Das letzte Mal war Morrissey an gleicher Stelle vor gut fünf Jahren zu Gast. Damals war es der Beginn der berüchtigten Corona-Zeit und der Abend sollte seinerzeit einer der letzten vor dem ersten Lockdown sein. Das ist gefühlt eine Ewigkeit her, seitdem ist viel geschehen, auch rund um den ehemaligen Sänger von The Smiths. Immer wieder fiel er durch Kontroversen auf, so dass sich die Pfade mit vielen langjährigen Wegbegleitern trennten. Trotzdem war das Konzert im Kölner Palladium auch 2025 wieder restlos ausverkauft. Auf die Fans warteten sowohl alte Klassiker als auch neues, bisher unveröffentlichtes Material. Man durfte also gespannt sein.
Eau de Cologne?
Gegen 20:40 Uhr war es nach dem – bei Morrissey-Konzerten obligatorischen – 40-minütigen Vor-Film mit Videoausschnitten diverser Lieblingskünstlern Morrisseys soweit und die Band betrat die Bühne. Morrissey selbst begrüßte uns angesichts der Hitze durchaus wohlwollend mit den vorsichtig gewählten Worten „I like the smell of … Cologne“. Und schon ging es los mit bekannten Tracks aus seiner Solophase („You’re the One for Me, Fatty“) und seiner Glanzzeit bei The Smiths („Shoplifters of the World Unite“). Wieder wandte er sich an uns: „I realize you won’t know every song tonight, and neither do I“ – und ja, das Set hatte so manches mehr oder weniger Neue zu bieten, wie das Punkrock-Monster „Sure Enough, the Telephone Rings“.
Every day is …
Die Stimmung war bestens und die Songs wurden durchweg mit viel Applaus bedacht. Auch die neuen Tracks fanden Anklang, wurden mal gefühlvoll, mal bombastisch performt und passten gut ins Gesamtbild, das natürlich vor allem bei den alten Hits besonders hell zu strahlen begann. So sangen die Fans beim ruhigen „I Know It‘s Over“ laut mit, was sich später beim Refrain von „Every Day Is Like Sunday“ noch weiter steigern sollte. Geradezu ohrenbetäubend war etwas später der Applaus nach „How Soon Is Now“. Als Zugabe gab es mit „Last Night I Dreamed That Somebody Loved Me“ und „Irish Blood, English Heart“ den denkbar emotionalsten und energiegeladensten Abschied von einem beeindruckenden und mit gut 90 Minuten schon fast episch-langen Morrissey-Konzert, an dessen Ende der Mozfather sein Shirt zerriss und in die gierige Menge warf.
Epilog
Gerade in letzter Zeit stellte sich vielfach die Frage nach der Möglichkeit, die Kunst vom Künstler trennen zu können und angesichts der verschiedensten Äußerungen der letzten Jahre war ich sehr skeptisch, ob mich ein Konzert des Mannes, der meine musikalische Entwicklung so sehr geprägt hatte, nach all dem noch einmal packen könnte. Die vor Ort dann noch einmal verschlimmbesserten Fotobedingungen (Fotoposition innerhalb des Publikums auf der bereits besetzten Empore), unter denen Fotografen und Teile des Publikums leiden mussten, sorgten für weitere böse Vorahnungen. Doch rein musikalisch gesehen war das Geschehen heute ganz groß mit einer hervorragenden Setlist, die erstmals seit vielen Jahren (eigentlich Jahrzehnten) keinerlei größere, langatmige Durststrecke enthielt. Trotzdem fiel und fällt mir der Spagat weiter schwer, dank der überzeugenden stimmlichen und musikalischen Darbietung war mir dieser aber während des Auftritts bis auf eine kurze Ausnahme bei der Virus-bezogenen Ansage zu „Scandinavia“ gelungen. Es blieb somit ein sehr schöner Abend, der meinen persönlichen Umgang mit diesem Ausnahmekünstler kein bisschen leichter gemacht hat. Morrissey bleibt spannend. In jeder Hinsicht.
Text & Photos: Michael Gamon
Setlist:
„You’re the One for Me, Fatty“ • „Shoplifters of the World Unite“ (The Smiths) • „I Wish You Lonely“ • „Rebels Without Applause“ • „Sure Enough, the Telephone Rings“ • „All You Need Is Me“ • „One Day Goodbye Will Be Farewell“ • „Istanbul“ • „I Ex‑Love You“ • „I Know It’s Over“ (The Smiths) • „Everyday Is Like Sunday“ • „Life Is a Pigsty“ • „How Soon Is Now?“ (The Smiths) • „The Loop“ • „The Bullfighter Dies“ • „Scandinavia“ • „Jack the Ripper“ • „I Will See You in Far‑Off Places“ ••• „Last Night I Dreamt That Somebody Loved Me“ (The Smiths) • „Irish Blood, English Heart“

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