OMD im Interview

Photo: Ed Miles

„… die schöpferische Kraft der Langeweile.“ (Andy McCluskey)

Andy McCluskey von OMD ist ein Energiebündel. Und das nicht nur auf der Bühne. Er ist erstaunlich wach, als er mir am Montagmorgen nach einem Auftritt die Tür zu einem Hotelzimmer in Köln öffnet und mich zum Interviewtermin reinbittet. Der gepackte Koffer steht parat, sein Bett hat er auch bereits gemacht. Wir lassen uns an dem kleinen Schreibtisch in seinem Zimmer nieder, sein Blick fällt auf meinen Laptop. „Ist das etwa eine Tardis?“, deutet er auf den Aufkleber. Es folgt eine kurze Fachsimpelei über „Doctor Who“, dann gönnt Andy sich noch einen anständigen Schluck Kaffee, bevor wir über das kommende Album „Bauhaus Staircase“ reden.

Lockdown. Und jetzt?
Der Schaffensprozess zum Album hat sich von der ersten Idee bis zur Veröffentlichung über drei Jahre gezogen. Andy hatte im ersten Corona-Lockdown so viel Langeweile, dass ihm die Idee zu neuen Songs kam. Aber wie entsteht aus Langeweile etwas so Kreatives? „Es erinnert mich die Zeit, als ich als Jugendlicher noch bei meinen Eltern gewohnt habe“, erklärt er. „Mein Vater war beim Hunderennen und meine Mutter setzte sich nach dem Haushalt hin, um ‚Kojak‘ oder eine andere amerikanische Serie zu gucken. Ich verzog mich dann auf mein Zimmer, um zu malen oder einen Song zu schreiben. Denn es gab nichts anderes zu tun. Das ist die schöpferische Kraft der Langeweile.“

In den Computer tauchen anstatt an den Rosen zu riechen
„Ich habe allerdings nicht damit gerechnet, dass es noch einmal ein neues OMD-Album geben wird“, blickt er zurück. „Aber wegen Covid wird nun eines erscheinen.“ Er hält nachdenklich inne. „Mit Mitte 60 wollte ich eigentlich nicht wieder im Studio sitzen, auf den Computer starren, in meinen Kopf, mein Herz und meine Gefühle eintauchen und die Ideen da herausziehen. Wir haben über 200 Songs veröffentlicht. Ich weiß noch nicht einmal, ob es etwas Neues zu sagen gibt. Oder ob ich noch genug Leidenschaft in mir hatte. ‚Bauhaus Staircase‘ wird exakt acht Jahre nach unserem 45-jährigen Jubiläum veröffentlicht. Habe ich immer noch die Energie, OMD am Laufen zu halten? Ich bin da nicht wirklich davon ausgegangen. Ich wollte an den Rosen riechen, wie man in England sagt. Einfach Dinge genießen.“ Dann jedoch kam die Pandemie und mit ihr die Langeweile. „Zum Glück habe ich immer Ideen auf meinen Computer“, grinst er. „Das sind beispielsweise Melodien, für die es noch keinen Text gibt. Ich bin also einfach in meinen Computer getaucht und habe die Ideen erkundet. Weil es sonst absolut nichts zu tun gab.“

Gegen die Unterdrückung
Der Titel des Albums ist dem Gemälde „Bauhaustreppe“ von Oskar Schlemmer entliehen. Warum entschied Andy sich dafür? „Eigentlich wollte ich Kunst studieren und hatte sogar einen Studienplatz. Allerdings habe ich ein Gap-Year genommen und da fing die Band an. Und ich bin somit nie an die Uni gegangen“, lacht er. „Ich liebe Kunst aber nach wie vor und nutze sie oft als Metapher. Ich bin Kurator am National Museum Liverpool. Dabei sehe ich Kunst und Kreativität, aber auch Politik. Bemerkenswert dabei ist, dass – wann immer es eine politische oder finanzielle Krise gibt – die Menschen glauben, Geld sparen zu können, indem Kunst gekürzt wird. Wenn die Zeiten aber schwierig sind, brauchen wir etwas, das die Seele ernährt: Kunst. Musik. Oder Tanz. Ich mochte den Bauhaus-Stil schon immer“, erklärt er. „Das verrückte daran ist, dass er eigentlich angewandte Kunst ist. Als Architektur oder Möbel. Praktische Kunst. Und dennoch haben die Nazis sie abschaffen wollen. ‚Bauhaus Staircase‘ ist eine Metapher für die Schönheit und die Kraft der Kunst gegen die Unterdrückung und Kritik an ihr.“

Katrin Hemmerling

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