SHOSTA im Interview (Teil 1)

Shosta rechteck

„Das ist teilweise gruselig und auch erschreckend.“

3 Fakten:
Shosta wurde 2020 gegründet und entstand als Soloprojekt von Peter Grimm, nachdem seine Band Intrigen der Pandemie zum Opfer fiel.
• Peter spielt seit er 13 Jahre ist in den unterschiedlichsten Bands und textet seither auch.
• Nach der ersten EP „Wachsen“ wurde es Zeit, Shosta auf die Bühne zu bringen, und so wurde aus dem Projekt eine dreiköpfige Band.

Mit dem Album „Wandel“ (VÖ 10. Mai 2024) betten sich Shosta irgendwo zwischen Dark Wave, Post Punk und Achtzigerjahre-Synthies. Wir sprechen mit dem Trio über Veränderungen, menschliche Kopien und werfen Perlen vor die Säue.

Zerrissenheit?
Orkus: Was hat es mit dem Bandnamen auf sich? Was bedeutet Shosta?
Peter Grimm: Ich hab einen großen Teil meiner Schulzeit auf einem Musikinternat im Harz verbracht, bei dem der Fokus auf klassischer Musik und Chorgesang lag. Aufgrund dessen hat gerade klassische Musik einen großen Einfluss auf mich und auch da hab ich meine Lieblingskomponistinnen und -komponisten Dmitri Shostakovich steht bei mir an der Spitze. Seine Musik und auch seine Biografie haben für mich etwas sehr Besonderes an sich. Er war Stalins Haus- und Hofkomponist und gleichzeitig hat er das System Stalin doch verabscheut. Dieser Zwiespalt, der sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf seine geistige Gesundheit niedergeschlagen hat, ist in seiner Musik deutlich zu spüren. Zum einen das heroische Pro-System-Werk um zu überleben, und zum anderen die Stücke, die eine unglaubliche Frustration und Zerrissenheit ausdrücken. Das hat mich sehr fasziniert.

O: Bleiben wir noch beim Thema „Namen“: Warum passt „Wandel“ so gut als Albumtitel?
PG: Ich denke, dass Wandel so ein elementarer Teil in unser aller Leben ist (egal ob wir ihn zulassen oder uns gegen ihn wehren), dass sich jeder in dem Begriff irgendwo wiederfinden kann. Vielleicht macht das den Reiz und die Attraktivität als Albumtitel aus.

Veränderungen?
O: Was assoziierst du mit „Wandel“ generell? Ist das eher etwas Wünschenswertes oder Beängstigendes?
PG: Ich denke, es kommt immer darauf an, wie man mit Wandel umgeht. Möchte man wandlungsfähig sein und/oder bleiben? Fühlt man sich im Hier und Jetzt wohl und möchte Wandel hinauszögern oder sogar verhindern? Ich persönlich verbinde Wandel mit etwas Positivem und mit etwas, das man geschehen lassen muss. Man muss wandlungsfähig, offen und tolerant gegenüber Neuem sein und bleiben. Wir leben doch in einer Welt, in der sich ständig alles um uns herum weiterentwickelt und oftmals macht man sich das Leben selbst schwer, wenn man sich gegen diese Entwicklung stellt. Das kostet Kraft und ist nervenzehrend. Auch mir gefallen viele Dinge nicht und wie sie sich in der heutigen Zeit verändern. Besonders im Hinblick auf die Kulturindustrie und das Erleben von Kultur als solche ist das für mich manchmal schwer zu fassen und zu begreifen. Aber das geht jetzt vielleicht etwas zu weit.

Natürlicher Kreislauf?
O: Das Albumkonzept ist mit seinen drei Akten sehr durchdacht. War das von Anfang an so geplant oder wie können wir uns die Arbeit an „Wandel“ vorstellen?
PG: Tatsächlich hat sich dieses Konzept während der Arbeit am Album ergeben. Bis dato waren sechs Songs fertig und alle haben irgendwie aufeinander aufgebaut. Dann kam mir die Idee das Album in diese Struktur zu formen, die sich mit jedem Song bzw. jedem Akt mehr steigert und aufbaut, und ich habe dann entsprechende Texte geschrieben, um diesen Aufbau zu komplettieren. Das Ergebnis ist für uns drei sehr stimmig geworden und so könnte man das Album jetzt theoretisch im Kreis hören und den Kreislauf, von dem im Song „Karussell“ die Rede ist, nachvollziehen.

Menschliche Kopien?
O: Ein Song, der mich besonders begeistert hat, war „Plastikmensch“. Ist das unsere Zukunft? Oder längst Realität? Farblose, gleichgeschaltete Existenzen?
PG: Über den Song haben wir drei uns auch viel unterhalten und jeder von uns hatte dazu andere Assoziationen, was ich selbst sehr spannend fand. So meinte Moritz, dass er bei dem Text an reiche, amerikanische Reality-TV-Familien denken musste, und Nico hatte an die Szene in „American Psycho“ gedacht, in der sich Patrick Bateman morgens vor dem Spiegel fertig macht. Ich mache mir viele Gedanken darüber, wie wir als Menschen mit verschiedenen Dingen umgehen. Bei Musik bzw. Kunst fällt mir das in besonderer Art und Weise auf, wenn ich mir gewisse Trends und die aktuelle Musiklandschaft angucke. Da wird kopiert, was das Zeug hält, und alles sieht irgendwie gleich aus und klingt auch gleich. Ebenso ist es, wenn ich mir „Normies“ angucke (ich überspitze da jetzt bewusst etwas). Es ist besonders auffällig, wenn ich junge Gruppen von Menschen sehe, die in Frisur und Kleidung wie kopiert erscheinen. Das ist teilweise gruselig und auch erschreckend.

Perlen vor die Säue?
O: Zu „Gold“ gibt es ja auch ein Video. Dekadent mit Schweinemasken. Wie kam es zu dem coolen Konzept?
PG: Ich habe mir lange Gedanken gemacht, wie man „Gold“ – also das Konzept von Kapitalismus bzw. Dekadenz – und die Kritik daran am besten in Szene setzen könnte. Die Idee mit den Schweinemasken kam mir ursprünglich, als ich bei uns in Bamberg in dem Tanzsaal der Residenz stand. Irgendwie kam mir dabei auch der Begriff „Schweinesystem“ in den Kopf. Ich bin von Geld genervt. Ich bin davon genervt, weil es so ein Konzept ist, das irgendwie sein muss und von dem man sich nicht so richtig loslösen kann. Da gibt es Leute, die es unbedingt brauchen und Leute, die viel zu viel haben. Und die, die es haben, nehmen es dann von den Leuten, die es brauchen. In dem Video fressen die beiden Schweineköpfe rohes Schweinefleisch. Genau das soll diesen Missstand verdeutlichen. Die fressen ihre eigenen Leute auf und gönnen sich danach noch einen dekadenten und zügellosen Rausch. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Kritik an Kapitalismus und Reichtum eine alte Leier ist. Aber vielleicht zeigt das einfach einmal mehr, dass das ein hochaktuelles Thema ist, bei dem „Wandel“ ganz, ganz dringend notwendig ist.

Sieh Dir das Video dazu hier an:

Im nächsten Teil sprechen wir mit Shosta über ihre prägenden Alben, Kunst als Zeitgeist, die schwarze Szene und wagen einen Blick in die Zukunft.

Claudia Zinn-Zinnenburg

Line-up:
Peter Grimm – Gesang, Texte, Songs
Nicolas Frank – Gitarre
Moritz Fris – Schlagzeug

SHOSTA live erleben:
27. April 2024 DE-Ansbach, Die Grotte
09. Mai 2024 DE-Nürnberg, Der Cult
19. Mai 2024 DE-Leipzig, Dark Affair
24. Mai 2024 DE-Bamberg, Kontakt Festival
25. Mai 2024 DE-Braunschweig, Nexus
07. Juni 2024 DE-Köln, 674fm
08. Juni 2024 DE-Gelsenkirchen, Hier ist nicht da!
14. Juni 2024 DE-Gera, Kaiserwerke
28. Juni 2024 DE-Hildesheim, KuFa Lösecke
05. Juli 2024 DE-Würzburg, b-Hof

Hast Du Deine Tickets schon?

Höre Shosta in unserer „Current Issue“-Playlist:

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