Konzerterinnerungen: So war es bei SUBWAY TO SALLY

Konzertbericht Subway To Sally im Hamburger Docks am 16. Mai 2025
Support: Storm Seeker, Serenity  

Wenn Engel hassen, tanzt der Teufel: Subway to Sally live

Hamburg sah mal wieder schwarz. Wie Schatten, die sich vom Tageslicht lösen, strömten sie heran: dunkle Silhouetten in schweren Mänteln mit Augen voller Glanz und Geschichten. Sie wogten Richtung Spielbudenplatz, wo sich fast 1.500 schwarzgewandete Seelen vor dem Hamburger Docks versammelten. Zwischen Vorfreude, Gänsehaut und einem Hauch von Erlösung lag Spannung in der Luft – greifbar, elektrisierend.

Denn Subway to Sally haben gerufen. Und wenn diese Szene-Veteranen zum Konzert laden, dann kommt nicht nur ein Publikum – dann marschiert eine eingeschworene Gemeinschaft heran. Seit Jahrzehnten verbinden sie Folk, Metal, mittelalterliche Klangkunst und düstere Poesie zu etwas, das weder in Worte noch in Genres zu fassen ist. Und auch wenn sich ihr Sound im Laufe der Jahre weiterentwickelt hat – geblieben ist dieser leidenschaftliche Kern: ungebrochen, urwüchsig und voller schwarzer Seele.

Heute steht alles im Zeichen von „Post Mortem“, dem aktuellen Studioalbum von Subway to Sally. Frisch im düsteren Winter veröffentlicht, wirkt es wie ein Wiedererwachen – als hätte die Band sich selbst aus der eigenen Asche gegraben, um lodernd zurückzukehren. Dieses Album ist kein bloßes Kapitel – es ist ein finsteres Evangelium. Was einst mit Akustikgitarren, mittelalterlichen Flöten und introvertierter Melancholie begann, hat sich über die Jahre zu einem mächtigen Klanggewitter entwickelt. Bombastisch, dramatisch, aber nie überladen. Auch auf „Post Mortem“ schlagen sich Subway to Sally nicht in glattproduzierte Kompromisse, sondern ritzen ihre Geschichten direkt in die schwarze Seele der Szene. Und dennoch: Der Kern ist geblieben. Erdverbunden. Wild. Echtholz statt Plastik. Jedes Stück dieses Albums wirkt wie eine Beschwörung – ein Ruf aus der Gruft, aber mit offenen Armen. Man spürt es sofort: Diese Songs sind Versprechen. Versprechen auf Weiterleben – nach dem Tod, nach dem Schmerz, nach der Stille. Ein Leben „Post Mortem“.

Seemannspunk mit Donnerhall

Den Anfang machten Storm Seeker, eine Piratenmeute mit Sturm im Herzen und Rum im Blut. Die Düsseldorfer Folk-Piraten feuerten ihren Mix aus Folk Metal, Shanty und Industrial-Einflüssen direkt ins Publikum. Der Sound war rau wie salzverkrustete Planken, die Rhythmen walzten nach vorn wie ein marodierendes Kriegsschiff. Mit ihren neuesten Songs vom kürzlich erschienenen Longplayer „Set the Sails“ reißen Storm Seeker das Publikum sofort mit. Die Flöte pfiff wie der Nordwind, die Drums donnerten wie ferne Kanonen, und Sänger Sean Graham trieb das Publikum wie ein Kapitän seine Meute. Wer sie vorher nicht kannte, merkte schnell: Hier kam kein billiger Seemannsklamauk, sondern ehrlicher, handgemachter Sturm – da brauchte es keinen Nordseewind mehr, um in Fahrt zu kommen.

Bombast traf Pathos

Als zweite Vorband segelten Serenity aus Österreich heran – mit einem Sound, der so groß war, dass er fast das Dach hebte. Epischer Symphonic Metal mit geschichtsträchtigen Texten, orchestralen Klanglandschaften und der charismatischen Stimme von Georg Neuhauser. Ihre Songs zündeten sofort. – Der Sound war monumental, die Chöre gewaltig, die Gitarren messerscharf. Serenity verstanden sich auf das, was viele versuchten, aber nur wenige beherrschten: Pathos, ohne Kitsch. Die Menge fraß ihnen aus der Hand – und als Georg sich am Ende für den „heiligen Boden“ bedankte, auf dem sie heute stehen durften, war klar: Hier wuchs kein Neid, sondern gegenseitiger Respekt.

Ein Feuersturm in 18 Kapiteln

Dann: Dunkelheit. Ein Engel erschien wie ein Phoenix auf der Bühne und entfaltete seine Flügel. Die ersten Töne von „Phoenix“ stiegen auf wie Rauch aus alten Ruinen. Subway to Sally betraten die Bühne, und das Publikum explodierte. Der Opener glich einem Schwur: „Wir sind zurück. Brennend. Und lebendig.“ Der Song flog wie ein Raubvogel durch die Halle – kraftvoll, majestätisch, neu geboren. Mit „Wunder“ folgte ein mystischer Strom aus dunklem Glanz. Ingos Stimme schnitt durch das Arrangement wie ein silbernes Messer durch Samt. „Leinen los“ trieb das Tempo hoch, ein Folk-Metal-Gewitter mit Segelspannung. Die Halle tobte. „Was ihr wollt“ ist eine Faust in die Fresse der Gleichgültigkeit. Die Lyrics, spitz wie Dolche. Der Refrain? Ein Manifest. „Kleid aus Rosen“ versetzte die Menge in romantische Raserei. Zärtlich und schneidend zugleich. Dann ein Metal-Medley: „Henkersbraut“ / „Knochenschiff“ / „Falscher Heiland“ – ein Triptychon aus Wut, Wahnsinn und Wucht. Jeder Song ein Keulenschlag. „Grabrede“ brachte die Dunkelheit zurück, getragen, fast sakral. Die Menge schwieg. Lauschte. Fühlte. Und dann: „Mephisto“. Wenn der Teufel tanzt, dann so. Ein Höllenritt mit Geige, Gitarren und Glut. „Das Rätsel II“ – klanglich wie eine zerbrochene Spiegelwelt, reflektierend und abgründig. „Auf dem Hügel“ schuf einen Moment des Innehaltens. Zerbrechlich. Wahr.

Mit „Post Mortem“ entfaltete sich der Namensgeber des Albums und der Tour live in seiner ganzen Gewalt: ein dunkler Monolith aus Klang, Schmerz und Erneuerung. Es folgte „Stahl auf Stahl“ – mit Georg von Serenity. Ein epischer Schulterschluss. Hier brannte alles. „Eisblumen“ brachte einen Kälteschauer mit warmem Herz. Tausend Stimmen sangen mit. Und als „Veitstanz“ begann, verwandelte sich das Docks in einen brodelnden Hexenkessel. Kein Stillstand. Nur Bewegung, Raserei, Leben.

Zugaben, die alles niederbrannten

Subway to Sally kehrten zurück. „Wenn Engel hassen“ brach über die Menge herein wie ein Gewitter aus Bitternis und Wut. Danach folgt das Folk-Party-Medley: „Sag dem Teufel“ / „Ohne Liebe“ / „Sieben“ / „Tanz auf dem Vulkan“. Eine Zeitreise, ein Reigen, ein Rausch. Hier tanzte die Szene mit sich selbst. Zum Abschluss: „Julia und die Räuber“, zunächst instrumental, doch schnell ermutigte Eric die Menge zum Mitsingen. Sofort erhob sich ein brausender Chor: Jeder im Publikum kannte den Text. Tausende Kehlen sangen gemeinsam, es hallte wie eine Hymne durch jeden Winkel des Docks. In diesem Augenblick schien ganz Hamburg die Luft anzuhalten, nur um im nächsten Moment schweißüberströmt gemeinsam auszubrechen. Die Band lächelte sich an, als der letzte Refrain verklungen war. Kurz herrschte eine fast sakrale Stille – dann bracht der Jubel noch einmal los. „Julia! Julia!“ – Ein bittersüßer Abgesang, zynisch, charmant, todschick. Subway to Sally verabschiedeten sich, die Menge tobte, Herzen schlugen schneller. Es war vorbei. Und doch begann etwas Neues.

Wenn die Hölle so klingt, will ich da wohnen

Subway to Sally haben nicht gespielt. Sie haben beschworen. Geopfert. Entfesselt. Mit Storm Seeker und Serenity als perfekten Wegbereitern wurde dieser Abend zu einem schwarz glühenden Manifest. Keine Maske. Kein Marketing. Nur pure Szeneenergie. Noch Tage später klang der Abend nach. Zwischen Eisblumen und Veitstanz, zwischen Tod und Wiedergeburt. Oder, wie jemand im Publikum sagte, mit zerschriener Stimme und leuchtenden Augen: „Das war keine Show. Das war ein Ritual.“

Setlist:
„Phoenix“ • „Wunder“ • „Leinen los“ • „Was ihr wollt“ • „Kleid aus Rosen“ • „Herz in der Rinde“ • Metal-Medley: „Henkersbraut“ / „Knochenschiff“ / „Falscher Heiland“ • „Grabrede“ • „Mephisto“ • „Das Rätsel II“ • „Auf dem Hügel“ • „Post Mortem“ • „Stahl auf Stahl“ (zusammen mit Georg von Serenity) • „Eisblumen“ •  „Veitstanz“ ••• „Wenn Engel hassen“ • Folk-Party-Medley:  „Sag dem Teufel“ / „Ohne Liebe“ / „Sieben“ / „Tanz auf dem Vulkan“ ••• “Julia und die Räuber“

Text & Photos: Thomas Friedel Fuhrmann

In unserer aktuellen Sommerausgabe befragen wir Bodenski übrigens nach Band-Geheimnissen:

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