THIRTY SECONDS TO MARS: On Stage

16. Juni 2024, Köln, Lanxess Arena

Was kann dieser Mann eigentlich nicht? Oscar-Preisträger, Frontmann und Fashion-Ikone Jared Leto gastierte mit seiner Rockband Thirty Seconds to Mars in Köln. Beim finalen Konzert ihrer Europa-Tour fanden sich 14.000 Fans in der Lanxess Arena ein. Viele von ihnen statteten sich sogleich mit aktuellen Merchandise-Artikeln der Band aus. Auch wir konnten nicht widerstehen …

Eine Neuentdeckung

Bereits um 19:50 Uhr verdunkelte sich die Spielstätte. Inmitten eines Lichtkegels erschien der Opener Jagwar Twin aus Los Angeles. Der Sänger hatte sich eine weiße, zottelige Sturmhaube über seinen Kopf gezogen. Sein Oberkörper war lediglich von einem offenen Jackett bedeckt und zu seinem dunklen Kilt trug er weiße Kniestrümpfe. Zu sanften Klängen erhob er seine glasklare Stimme und erlangte sofort unsere volle Aufmerksamkeit. Folglich wich die Maske und das freundliche Gesicht des Songwriters kam zum Vorschein. Seine rockigen Stücke waren teils mit Trompeten angereichert, und innerhalb kürzester Zeit kam Stimmung in der Arena auf. „You guys earn to party!“ Selbstbewusst und präsent nahm er zu Songs wie „Life Is Good“ und „Great Time to be Human“ die gigantische Bühne für sich ein.

Stolze Großmutter?

„This next song is for all the misfits, weirdos and losers like me.” Mit gar einer poppigen Note schmiegte sich „Loser“ an uns heran. „Last year was one of the hardest years of my life. I had no money and no place to come home. But I’m here tonight – with you, Cologne. This is a dream come true. Follow your heart. Please don’t give up! I hope this song is a reminder of who you are.” „Soul Is a Star“ performte der Sänger lediglich mit einer pinkfarbenen Gitarre. Ganz ruhig stand er da, sang seine berührenden Zeilen und passend dazu entstand ein ganzes Lichtermeer in der Arena. Zu „Put on a Happy Face“ kam nochmal Stimmung auf und voller Elan schwangen die Besucher ihre Arme hin und her. Jagwar Twin hat es geschafft – der Funke war übergesprungen und es war wahrlich eine Freude, ihn auf der Bühne zu sehen. „Cologne, you guys are amazing. This is the last day of this tour. This next song goes out to my German grandma Viola – she’s here tonight.” Zum Abschied hinterließ uns der smarte Sänger mit „Bad Feeling” noch einen fröhlichen Ohrwurm samt der bekannten „Oompa-Loompa“-Melodie, aus dem Film „Charlie und die Schokoladenfabrik“. Oma Viola dürfte an diesem Abend mächtig stolz auf ihren Enkel gewesen sein.

Ungewohnte Einblicke

Auf der Bühne war eine riesige LED-Wand in Form eines Dreiecks angebracht. Natürlich erinnerte es an das Symbol, das gerne von Thirty Seconds to Mars benutzt wird.Zunächst war hier eine fluffige Wolkenansammlung an einem blauen Himmel zu sehen. Dieses Bild ziert auch das aktuelle Albumcover der Band – Jared Leto hat es einst selbst mit seinem Handy geschossen. Um 20:55 Uhr erklang lautstark „Closer to the Edge“ aus den Boxen. Sofort stimmten die Fans mit ein und uns rann ein wohliger Schauer über den Rücken. Dann startete ein offizieller Countdown. Eine Frauenstimme zählte von 100 an rückwärts. 99, 98, 97, … Man war darauf gefasst, dass innerhalb der nächsten Sekunden nichts passiert, doch auf einmal erschien ein Live-Video aus dem Backstage-Bereich. Von jetzt an konnten wir den Weg der Leto-Brüder genau mitverfolgen. Vergnügt lachten sie in die Kamera, ließen sich ein bisschen Posieren nicht nehmen und dann stürmten sie gemeinsam mit ihrem Gitarristen Stevie Aiello die Bühne.

Thirty Seconds to Mars

Authentische Zuneigung

„Are you ready?!“ Eine große dunkle Sonnenbrille verdeckte die Augenpartie von Jared. Zu einer schwarzen Sporthose kombinierte er knallrote Turnschuhe und darüber trug er ein weißes Oversized Sakko. Als die ersten Töne vorn „Up in the Air“ erklangen, entlud sich auch schon eine satte Ladung weißes Konfetti über der Menge. Euphorisch stimmten die Fans mit ein und die Megaparty war eröffnet. Im Hintergrund erschien das passende Musikvideo zu dem Titel und gegen Ende verharrte Jared mit erhobener Faust in seiner Position und genoss sichtlich den Moment des Jubels. Zu „Kings and Queens“ zogen die Fan-Chöre nochmal an. Nun nutzte der begnadete Sänger einen langen Steg, der ein gutes Stück in den Innenraum hineinragte. Er drehte sich beseelt um die eigene Achse, während in der Bühnenmitte Pyros in Dreiecksform in die Luft schossen. Jared atmete aus und formte seine Hände zu dem Symbol. Seine Fans taten es ihm nach und die tiefe Verbundenheit beider Seiten war deutlich spürbar.

Thirty Seconds to Mars

Schau mir in die Augen

Shannon stellte sich hinter seinem Drumset auf und heizte die Menge an. Sein Bruder ergriff das Wort „Hallooooo! Let me take my glasses off.“ Ein weiterer Sturm der Begeisterung zog auf, wer wollte schließlich nicht in die großen blauen Augen von Mr. Leto schauen? „Holy shit! Let’s stand a little bit.“ Neugierig blickte sich der Fronter um, bis er bemerkte, wie hoch die Tribünen angelegt waren. „This is the tallest arena I’ve ever seen in my fucking life!” Da auf den Rängen darunter noch Platz war, ermutigte er die Fans unter dem Dach, weiter nach unten zu kommen. Die Securities hatte er bereits über diese Änderung informiert. Die Nähe zu seinen Anhängern war dem Multitalent schon immer immens wichtig. Doch das war nicht alles. „For this next song, you promise me something. I wanna see you jump, I wanna watch you dance, I wanna hear you sing and I wanna hear you fucking scream! Are you ready? One more thing. I wish I could speak more German, but my German is terrible. So I’m gonna bring someone on stage to help me how so say something in German.” Prompt lud er dutzende Fans dazu ein, mit ihm die Bühne zu teilen. Dabei suchte er nach den verrücktesten Tänzern. Jared pickte sich einen hochgewachsenen jungen Mann mit Brille heraus und fragte nach seinem Namen. Er stellte sich als Jan vor und brüllte der Menge voller Leibeskraft die Worte „I can’t hear you!“ entgegen. Jared stieg sofort mit ein „I can’t hear you, either!” Die glatte Lüge sorgte für Erheiterung. Jared entlockte ihm noch die Info, dass er aus Meschede kam. Nun war der große Moment gekommen. Jan durfte dem Weltstar etwas in deutscher Sprache beibringen. Und was stieß Jared heraus? „Du Hurensohn!!!“

Thirty Seconds to Mars

Im Sturm erobert

„Rescue Me“ wurde also von den engagierten Tänzern auf der Bühne begleitet und Jan aus Meschede ging richtig steil, nahm er doch selbstbewusst den Stegbereich für sich allein ein. Jared stieß dazu und bestärkte einen Schuljungen mitzumachen. Zunächst agierte er schüchtern, doch dann ließ er sich anstecken und kam völlig aus sich heraus. Mit hocherhobenen Armen sprang er glücklich auf uns ab und zeigte stolz seine Moves. Was für ein herrlicher Augenblick. Auch die Crowd gab alles. Jareds Aufruf war ein voller Erfolg. Danach kehrte wieder Ruhe auf der Bühne ein. Shannon kam mit nach vorne und bespielte ein Drumpad, während sein Bruder die aktuelle Single „Seasons“ darbot. Tiefdunkle Klänge läuteten „Hail to the Victor“ ein. Auf der Leinwand erschien eine schwarze Flagge mit dem Mars-Symbol. Feuerschübe und Flammensäulen stiegen abwechselnd empor. Stevie garnierte diese starken Momente mit einem begnadeten Gitarrensolo. Das nächste Highlight folgte auf dem Fuße. „Hurricane“ strotze vor Intensität. Und voller Gefühl sang Jared den Refrain: „Tell me, would you kill to save a life?” Ganz vorne am Steg befreite er nun eine Schulter von dem übergroßen Sakko. Allmählich legte er auch die zweite Schulter frei, um dann noch einige Momente mit halb heruntergelassenem Jackett am Rand entlangzuschreiten. Mit einer roten Leuchtfackel in der Hand beendete der Sänger den hingebungsvollen Song.

Thirty Seconds to Mars

Starke Gemeinschaft

Ohne das Jackett kam er wieder. Sein Oberkörper war nur noch von einem schwarzen Lederpart bedeckt, der über seinem durchtrainierten Bauch endete. Zwei Riemen kreuzten seinen Nacken und im hinteren Bereich waren einige Schnüre ganz tief am Rücken angebracht – das war’s. Dementsprechend waren auch die Reaktionen im Publikum. Die Augen in all den Reihen wurden immer größer und die eine oder andere Kinnlade kippte kurzzeitig herunter. „Get your fist in the air!“ Eine sagenhafte Energie entlud sich zu „This Is War“ in der gesamten Arena. „I tell you something. We wanna make you feel like you’re at home. A place to turn to. You know, my brother and I we are safe to say that music changed our lives. And everybody here changed my brother’s and my life as well. So, we thank you. We love you for that. Anybody out there ever had a heart broken? Is anybody in love or not in love right now? Is anybody sick and tired of love?” „Never Not Love You“ ging tief ans Herz. Passend dazu wurden die Handys gezückt und all die Lichter funkelten wie kleine Sterne am „Firmament“.

Thirty Seconds to Mars

Eine Stimme, die unter die Haut geht

Jared warf sich einen taupefarbenen Ballonumhang über, der sich ähnlich wie ein Fallschirm aufblähte, sobald er sich fortbewegte. „Anybody wanna hear an old song?” Bäm! Mit „Beautiful Lie“ und seiner unfassbaren Stimme bescherte uns der Sänger die nächste Gänsehaut. Dann war es Zeit für einen Akustik-Part. „Bewaffnet“ mit einer Gitarre sammelte Jared spontane Liedwünsche ein. „Let’s play song roulette.“ „Search and Destroy“, „Do or Die”, und „Remedy“ waren nur einige Songs, die er spontan anstimmte. „This is for the old-school and the hardcore fans!“ Düster und atmosphärisch kam der Titel „Night of the Hunter“ daher. Dazu ließ man zahlreiche, riesige schwarze Luftballons auf die Menge los, die passend zur Melodie durch die Luft tanzten. „Now we jump!“ Gesagt, getan. Ob das so eine gute Idee war? Selbst der Unterrang begann unter der Bewegung zu beben. Die Letos waren in absoluter Höchstform! Auch Shannon bespielte seine Drums wie ein junger Gott und Jared hielt selbst die fordernden langgezogenen Töne des Abends, als sei nichts dabei. Nun schnappte sich der Frontmann eine E-Gitarre. Gemeinsam mit Stevie jammte er in Shannons Richtung gewandt, was das Zeug hielt. „Come, make some fucking noiiiiiiise!“ Gemeinsam verließen Thirty Seconds to Mars die Bühne und zu sanfter Instrumentalmusik kehrte eine fünfminütige Ruhe ein.

Thirty Seconds to Mars

A night to remember

Schluss damit – lautstark wurde die Rückkehr der Musiker eingefordert. Natürlich wurde diesem dringenden Ruf stattgegeben. Mit einem Glitzermantel, der nahezu an Lametta erinnerte, kehrte Jared zurück. Shannon warf unterdessen ein paar Drumsticks in das begeisterte Publikum. „We have a few more songs. Let’s make this to a night we’ll never forget. Turn the lights on.“ Noch einmal erstrahlte die Lanxess Arena in hellem Licht. Losgelöst und völlig frei tanzten die Geschwister zu „Stuck“ und steckten die Menge erneut an, alles um sich herum zu vergessen und die gemeinsame Zeit zu genießen. „This is the last show of the European tour and you guys have been the best show, so far. Thank you!” Pyro frei für „The Kill“. Voller Leidenschaft mischten sich tausende Stimmen mit der des Sängers. „Come, break me down. Bury me, bury me. I am finished with you. Look in my eyes. You’re killing me, killing me. All I ever wanted was you!” Immer wieder riss Leto beglückt seine Arme in die Höhe, eher er sich den Weg zu seinen Fans hinunter bahnte und er sich weit vorbeugte, um ihnen ganz nahe zu sein. Auf einmal gesellte sich Brandon alias Jagwar Twin erneut auf den Steg. Jared überließ ihm ein Mikro und gemeinsam beschlossen sie Arm in Arm den Megahit der Band.

Thirty Seconds to Mars

Happyend

Für den finalen Abriss holte Jared erneut eine ganze Schar seiner Fans zu sich auf die Bühne. „Closer to the Edge“ hätte nicht fulminanter enden können. Auf der Leinwand wurden die Worte „We love you“ eingeblendet. Nach zwei Stunden wurde eine letzte reichliche Menge Konfetti in die Höhe geschossen. „Deutschland, that was Thirty Seconds to Mars 2024.“ Winkend entließen die Musiker ihre Fans in die Nacht. Seit 26 Jahren machen Jared und Shannon Leto gemeinsam Musik für diese Band. Das Feuer ihrer Fans ist ungebrochen. Auch im nachträglichen Posting auf der Facebook-Seite der Lanxess Arena hieß es zwischen all den überschwänglichen Kommentaren: „Das war das beste Konzert, das ich je gesehen habe!“ Mit diesem Abend bescherten uns Thirty Seconds to Mars tatsächlich ein Konzert-Spektakel, das wir nie vergessen werden. Und das lag nicht an den Special-Effects, sondern an ihrer Aura und den unzähligen wertvollen Momenten zwischen den Fans und der Band.

Thirty Seconds to Mars

Setlist JAGWAR TWIN:
„The Circle“ • „Down to You” • „Life Is Good” • „I Like to Party” • „Great Time to be Human” • „Loser” • „Soul Is a Star” • „Happy Face” • „ Bad Feeling”

Setlist THIRTY SECONDS TO MARS:
„Up in the Air“ • „Kings and Queens“ • „Walk on Water“ • „Rescue Me“ • „Seasons “ • „ Hail to the Victor“ • „ Hurricane“ • „ This Is War“ • „Never Not Love You “ • „A Beautiful Lie“ • „Search and Destroy“ • „Great Wide Open“ • „Get Up Kid“ • „Do or Die“ • „ Remedy” • „Stay“ (Mikky Ekko Cover) • „City of Angels“  • „Night of the Hunter“ • „From Yesterday“ • „Attack“ ••• „Stuck“ • „The Kill (Bury Me)“ • „Closer to the Edge“

Text: Nadine Kloppert
Photos: Michael Gamon

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