WGT-Erinnerungen 2023: GHOSTING
„Drei Wochen lang wusste ich nicht, ob ich den nächsten Tag sehen würde.“ (Sascha Tayefeh)
Wie häufig bist du bisher auf dem WGT gewesen? (Als Besucher und als Künstler)
Ich war 1992 das erste Mal auf dem allerersten WGT. Wir spielten dort als eine der Bands. Das zweite Mal war ich dort zum zehnjährigen Jubiläum. Und nun zum dritten Mal zum 30-Jährigen. Als Besucher habe ich das Festival niemals besucht. Das hat aber nichts mit dem WGT selbst zu tun, sondern mit der Tatsache, dass ich selber weder gerne Konzerte gegeben habe, noch zu Konzerten gegangen bin. Ich glaube, das hat etwas mit einem traumatischen Erlebnis bei meinem allerersten Festival 1989 zu tun. Ich stand auf dem Bizarre Festival auf der Loreley bei Jesus and Mary Chain in der ersten Reihe. Zum Schluss stellten sie ihre Mikros derart auf, dass es eine gigantisch laute, hohe Rückkopplung gab. Ich kam nicht weg, und es dauerte minutenlang! Ich hatte drei Wochen lang Kopfschmerzen und Ohrensausen.
Was dachtest du vor dem Auftritt und wie blickst du heute auf diesen zurück?
Offen gesagt, obwohl ich mich monatelang auf den Auftritt vorbereitet hatte, hatte ich es erst realisiert, als ich tatsächlich auf der Bühne stand. Irgendwie hatte ich mir ja seit 20 Jahren vorgenommen, nie wieder auf die Bühne zu gehen, und dass ich es dennoch tat, lag vor allem daran, dass es das große Jubiläum war. Ein weiterer Beweggrund war, dass ich 2020 schwer an Corona erkrankt war. Drei Wochen lang wusste ich nicht, ob ich den nächsten Tag sehen würde. Als die Anfrage des WGT kam, sagte ich mir: Dieses eine Mal noch! Und dieses Mal gibst du dein bestes Konzept überhaupt! Da ich ja seit 20 Jahren nichts mehr mit der Szene zu tun hatte, dachte ich zunächst, dass bestimmt kaum jemand Ghosting noch kennen würde. Als ich dann auf die Bühne kam und erstens sah, dass der Saal bis hinten vollständig gefüllt war und zweitens, dass scheinbar die meisten mich kannten war ich vollkommen hin und weg.
Welchen Song hast du ganz besonders gerne gespielt?
Ganz klar und ohne zu zögern: „Amphetamine Logic“ von den Sisters of Mercy. Dieses Lied war eines der ersten Lieder aus dem Genre, das ich je hörte, das muss ungefähr 1988 gewesen sein.
Gab es persönliche Treffen, die dir besonders viel bedeutet haben?
Frank D’Angelo. Frank hat Ghosting praktisch vom ersten Tag an 1989 begleitet. Ich hatte auch ihn seit 20 Jahren nicht mehr gesehen, und als wir dann zusammen auf der Bühne standen, das war das absolute i-Tüpfelchen für mich. Dann war es für mich eine riesige Freude, dass zwei Personen aus London da waren, Tzina Dovve und ihr Freund. Dazu muss man wissen, dass ich zwar in Deutschland aufwuchs, allerdings ging ich von 1988–93 regelmäßig nach London, um dort in den Underground Clubs „sozialisiert“ zu werden. Das war ein toller Abschluss meiner Bühnenlaufbahn, dass auch aus der Londoner Szene Menschen da waren, die Ende der Achtziger dieselben Londoner Clubs besuchten wie ich.
Was wird dir von dem diesjährigen WGT noch lange in Erinnerung bleiben?
Dass Ghosting tatsächlich einen solch festen Platz in der Szene hat, wie mir berichtet wurde. Es erzählt zu bekommen, ist eine Sache, aber es in einem Konzert zu erleben, ja, das geht schon ziemlich unter die Haut.
WGT-Setlist:
„Der Leiermann“ • „Die Baby, Die“ • „Disguised in Black“ • „Das Model“ • „Little World“ • „Bombed the World“ • „Let Me Stay“ • „Amphetamine Logic“ • „Pains“ • „New World“ • „There Are No Dreams“ • „One Bullet“ • „The Order of Things“ • „Ad Infinitum“ • „Paranoia “ • „Lion King“
Weitere Acts wie Deine Lakaien, Front Line Assembly, Rosa†Crvx, Eisregen und V2A findest Du exklusiv im „WGT-Sonderheft“, das der aktuellen Orkus-Ausgabe beiliegt. Du kannst die Juli/August-Ausgabe im Orkus!-Shop oder im Onlinekiosk bestellen.