So war es bei DEINE LAKAIEN

16. Oktober 2024, Hamburg, Planetarium
Wären wir eine Zeitschrift für Kochrezepte, könnten wir vielleicht so beginnen:
An Zutaten benötigen wir: Einen großen Topf, etwas Achtzigerjahre-Elektromusik, eine ordentliche Portion Synthesizer- und Klavierklänge, eine Handvoll Melancholie mit entsprechenden Texten, einen Hauch Avantgarde, ein wenig Dramatik und als wichtigste Zutaten: Einen sehr talentierten Opernsänger mit markant tiefer und samtiger Stimme, vorzugsweise Alexander Veljanov, mit einer Vorliebe für düstere Klangwelten.
Einen experimentierfreudigen Musiker und Multi-Instrumentalisten mit klassischer Ausbildung und viel Kreativität. Wir empfehlen einen Ernst Horn.
Zubereitung: Nimm den Topf, lege Alexander Veljanov sowie Ernst Horn hinein und vermenge beide mit der Idee, etwas völlig Neues zu erschaffen. Lass beide sich mit viel Experimentierfreude und Leidenschaft für dunkle, emotionale Klänge entfalten. Gib nun, inspiriert vom Dark Wave der Achtziger, kräftige Synthesizer, ein wenig Piano sowie elektronische Beats hinzu und rühre alles bis zur perfekten Harmonie von Klang und Melancholie. Zum Schluss veredle alles mit poetischen und sehr tiefgründigen Texten mit Themen wie Liebe, viel Sehnsucht und noch mehr Vergänglichkeit. Um das Ganze spannend zu halten, verfeinere alles noch mit gelegentlichen Akustik- und Avantgarde-Elementen.
Um die einzigartige Atmosphäre und die Tiefe dieses außergewöhnlichen Gerichts auf sich wirken zu lassen, serviere es am besten heiß und live!
Das wäre jetzt unser Rezept für die perfekte Avantgarde/Dark-Wave-Band: Deine Lakaien.
Nun braucht auch der perfekte Topf manchmal einen Deckel. Und der fand sich, als Tim Florian Horn, Chef der Berliner Planetarien, Deine Lakaien fragte, ob sie sich vorstellen könnten, ein Konzert im Berliner Zeiss-Großplanetarium zu geben. Die Antwort kam überraschend schnell, vielleicht aber gar nicht so überraschend. Denn, bieten die unendlichen Weiten des Universums, die dort herrschende Dunkelheit, das Licht der Sterne sowie die Geburt ganzer Galaxien die perfekte Symbiose für eine markant tiefe Stimme eines Alexander Veljanovs im Zusammenspiel mit Ernst Horns feinem Klavierspiel.
Tim Florian Horn steuerte daraufhin die visuellen Effekte durch eine eigens konzipierte 360°-Fulldome-Projektion für drei wunderbare Akustik-Konzerte, die im Oktober 2023 im Berliner Zeiss-Großplanetarium stattfanden, bei. Das Interesse an diesen drei Konzerten war so gewaltig, die Resonanz darauf so begeisternd, dass man beschloss diesen Erfolg 2024 fortzuführen. Und zwar in den Planetarien in Jena, Bochum, Hamburg und Münster. Und auch in diesem Jahr waren sämtliche Planetarium-Konzerte innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Wir waren in Hamburg dabei und durften uns auf einen einzigartigen Konzertabend freuen.
Vorab: Das besondere an einem Planetarium ist, dass man mehr liegt als sitzt und man blickt dabei in eine 360 Grad Halbkugel, auf der die verschiedensten Projektionen des Weltalls, der Planeten, Landschaften usw. projiziert werden.
Im Zusammenspiel mit Deine Lakaien ergibt sich damit ein ganz besonderer Konzertabend, denn jeder Song erhielt seine eigene Visualisierung, welche über den Köpfen der Zuschauer oben in der Kuppel projiziert wurden. Diese sphärischen Projektionen, die die Zuschauer im Zusammenspiel mit der melancholischen für Deine Lakaien typischen Musik eintauchen ließ, in ein Universum aus Licht und Farben, beflügelten die Fantasie und die damit verbundenen Gefühle um ein vielfaches. Man badet in die Tiefen des Universums, lässt sich fallen, getragen nur durch die Stimme Veljanovs und dem Spiel Ernst Horns am Flügel. Die einzigartige Akustik des Planetariums, ausgelegt auf klare direkte Töne, verstärkte dabei die emotionale Wirkung von Veljanovs Stimme und ließ selbst leiseste Nuancen in seinem Gesang deutlich hervorheben.
Die Setlist – es wurde in zwei Blöcken von je ca. 60 Minuten gespielt – bot eine Mischung aus Klassikern und neueren Songs. Viele davon neu in minimalistischeren Versionen arrangiert, passend zur besonderen akustischen Umgebung eines Planetariums und hervorragend geeignet für eine Reise durch die Tiefen des Universums, der Dunkelheit und des Lichts.
So eine Reise ins All braucht natürlich auch einen richtigen Start, der mit „Walk to the Moon“ auch passend begann, schon im ersten Block mit „Gone“ und „Over and Done“ erste Klassiker erklingen ließ und uns in eine Traumwelt voller glühender Sternfelder, pulsierenden Sonnen und riesigen Universen entführte. Dabei immer unser Anker: der zentrale Klang der tiefen, markanten Stimme Veljanovs und der oft zurückgenommenen Begleitung durch Ernst Horn am Flügel. Der erste Block schloss passend mit „Love Me to the End“ und entließ uns, nach so viel visueller und akustischer Schönheit, in eine 30-minütige Pause.
Danach begann der zweite Block und wiederum passend für die weitere musikalische Wanderung durch entfernte Galaxien mit einem Pink-Floyd-Cover von „ Set the Controls for the Heart of the Sun“. Es folgten Stücke aus den letzten Alben, aber auch weitere Klassiker wie „Return“, „Where You Are“ oder „Dark Star“. Dabei immer eindrucksvoll präsent die tiefe und beinahe schon hypnotisch eindringliche Stimme Alexander Veljanovs, die uns durch ein Sternenmeer gleiten ließ, unentwegt durch bekannte Klangwelten und unbekannte kosmische Landschaften.
Auch das Allerschönste endet irgendwann und fand mit der Zugabe „Bei Nacht“, gespielt in beinahe völliger, aber passender, Dunkelheit und nur gekrönt durch Mond und Sterne, einen großartigen Abschluss und hinterließ … würdevolle Stille, einen von der Realität abgekoppelten Geist, der langsam einer zuerst inneren, aber immer mehr nach außen drängenden Begeisterung wich. Das war kein gewöhnlicher Konzertabend, es war mehr ein kosmisches Panorama einer außergewöhnlichen Band, bei der die Zuschauer, immer tief beeindruckt, das Gefühl hatten, mitten im Universum zu schweben. Das war eine immersive Erfahrung und für Augen und Ohren Schönheit pur.
Text & Photos: Thomas Friedel Fuhrmann
Setlist:
„Walk to the Moon“ • „Where the Winds Don’t Blow“ • „2nd Sun“ • „Gone“ • „Down Down Down“ • „Unknown Friend“ • „Because the Night“ • „The Game“ • „Over and Done“ • „Follow Me“ • „Love Me to the End“ • „Set the Controls for the Heart of the Sun“ • „Without Your Words“ • „Where You Are“ • „Don’t Wake Me Up“ • „Sick Cinema“ • „Return“ • „Eternal Sun“ • „Mindmachine“ • „Dark Star“ ••• „Bei Nacht“
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