EISBRECHER: On Stage

Eisbrecher
Support: Schattenmann
29.06.2023 – Wiesbaden, Schlachthof

Nachdem Schattenmann den Wiesbadener Schlachthof so richtig eingeheizt hatten, wurde es Zeit für eine Eisbrecher-ische Abkühlung.

Um so viel vorweg zu nehmen: Eine Show der genialen Art war das Programm im Wiesbadener Schlachthof. – Ganz nach dem Motto der Zugabe: „Was ist hier los, was ist passiert?“ Das ist vielleicht ein bisschen wie beim Knödelessen, ein Baustein aus Liedern setzte sich auf den nächsten. Eisbrecher, eine Band, die harte Tatsachen in ihren Texten anspricht – und das mit gnadenlos, stellenweise unbarmherziger Ironie.

Dies kam auch beispielsweise bei „This Is Deutsch“ zum Ausdruck, das letzte Lied vor der Zugabe. In fast schon typischer Manier, möchte man meinen, bekam Alex Wesselsky von einem Crewmitglied die scheinbar hier benötigten „Zutaten“ in Form eines bajuwarischen Jankers samt dazugehörigem Hut. Ja, jodeln kann der Frontmann von Eisbrecher aus vollem Halse und Herzen. Das hat man so auch noch nicht gesehen. Qualitätsverlust nach diesem ungewöhnlichen Intro hin zum eigentlich Song? Fehlanzeige, es blieb weiterhin top!

Abgesehen davon wurden die Ansagen zum jeweiligen Lied sympathisch kommuniziert, was nicht selten einer kleinen Anekdote entsprang. Vor allem wenn man bedenkt, was auf einen mit aller Deutlichkeit, vielleicht auch Dringlichkeit, und aller gebotenen Härte zukommt. Denn irgendwann ist der Zapfhahn zu und es fließt nichts mehr, außer womöglich Tränen der Erkenntnis. Schließlich wurde auch immer wieder zum Denken bzw. Nachdenken angeregt. Inwieweit dies über den eigenen Tellerrand hinausreicht, den eigenen Horizont anregt, bleibt natürlich offen und ist schließlich jedem Besucher selbst überlassen.

Es wurde nichts beschönigt … Musikalischer Hochgenuss in seiner reinsten Form. Und das ist von Anfang an zu spüren, ein besonderes Flair, für das man keine Worte finden kann. Man muss auch nicht jedes Lied im Einzelnen zerpflücken, denn die Stücke stehen für sich. Die Musik zeugt darüber hinaus von teils tiefgehendem Zynismus, was die Ironie noch ein bisschen übertrifft, und gut geeister musikalischer Leidenschaft. Das spürt man mit jedem Gitarrenanschlag von Noel Pix, und mit der fast schon heroischen, bestimmenden Art des Vortragens der Texte von Alexander Wesselsky. Bedrohlich wirken sie keineswegs diese Texte, sie schleichen sich eher, „mit dem Wink des Zaunpfahls“ ins Unterbewusstsein.

Text & Fotos: Fred Gasch

Setlist:
„Volle Kraft voraus“ • „Frommer Mann“ • „Fehler machen Leute“ • „Heilig“ • „Augen unter Null“ • „Amok“ • „Anna Lassmichrein Lassmichraus“ • „Nein danke“ • „Eiszeit I“ • „Im Guten, im Bösen“ • „Schwarze Witwe“ • „Sturmfahrt“ • „FAKK“ • „1000 Narben“ • „Himmel, Arsch und Zwirn“ • „This Is Deutsch“ ••• „Verrückt“ •  „Was ist hier los?“ •  „Miststück“ • Out of the Dark“