So war es bei LINKIN PARK

01. Juli 2025, Düsseldorf, Merkur Spiel-Arena

Als Linkin Park am 5. September 2024 via Livestream ihre Rückkehr verkündeten, hielt die Welt kollektiv den Atem an. Nicht nur eingefleischte Fans, sondern auch Kritiker und selbst Menschen, die mit der Band kaum vertraut waren, verfolgten gebannt den Moment, als die Band ihre neue Sängerin vorstellte: Emily Armstrong, bisher als Sängerin der Rockband Dead Sara bekannt, stand sie nun im Zentrum eines der emotionalsten Comebacks der Musikgeschichte. Die Entscheidung, eine neue Stimme ins Herz der Band zu holen, bewegte – und polarisierte. Auch in mir kämpften Zweifel und Neugier miteinander.

Stillstand, Schmerz, Neubeginn

Der plötzliche Verlust von Chester Bennington sitzt bis heute tief. Seine Stimme trug Schmerz und Zerbrechlichkeit in sich – all das hat Generationen geprägt. Sie wurde zum Soundtrack ganzer Lebensphasen. Der Sänger hinterließ nicht nur seine Familie und Millionen trauernder Fans, sondern auch eine Band, die vor dem Nichts stand. Sieben Jahre später entschieden sich Linkin Park, nicht weiter zu verharren. Weshalb sollten die Musiker aufgeben, was sie über alles lieben? Ist es da nicht nur fair, das gemeinsame Lebenswerk fortzuführen? Und so erschufen sie gemeinsam mit Emily Armstrong ihr aktuelles Album „From Zero“. Ein Werk, das zugleich Rückbesinnung und Neuanfang markiert. Kein Neuanfang trotz Chester, sondern einer, der ihn in aller Ehrlichkeit mitdenkt: als Ursprung, als Lücke, als leuchtende Erinnerung. Das Album schlug ein wie eine Bombe, stürmte weltweit die Charts, übertraf Erwartungen – und katapultierte Linkin Park zurück ins Zentrum der Rockwelt. Am 22. September 2024 gab die Band überraschend ein exklusives Deutschlandkonzert in Hamburg (Wir haben darüber berichtet). Der Run auf die Tickets war gigantisch. Abertausende Fans gingen enttäuscht leer aus. Im November folgte die Erlösung, als die Band hierzulande vier weitere Konzerte in Stadien ankündigte.  

Fanliebe bei 36 Grad – Rückwärtsgang ausgeschlossen

Und nun standen wir also hier – in der restlos ausverkauften Düsseldorfer Merkur Spiel-Arena. 45.000 Fans sind gekommen, um die neuen Ära live zu erleben. Sie kamen offenen Herzens – und mit dem Wunsch, sich erneut von ihrer Band berühren zu lassen. Auffällig: Der Großteil trug Bandshirts – alte Tourmotive, „Hybrid Theory“-Logos und immer wieder das „From Zero“-Artwork – locker 80 % der Menge ließen die Arena zu einem Symbol aufrichtiger Fanliebe werden. Liebevoll hatten einige unter ihnen im Vorfeld bunte Perlenarmbänder mit Songtiteln gefädelt – kleine Gesten der Verbundenheit, die vor Ort untereinander getauscht wurden. Monatelang hatte man sich auf diesen Abend gefreut – und ausgerechnet jetzt wurde Deutschland von einer gnadenlosen Hitzewelle überrollt. Hier zu kneifen war ausgeschlossen. Auf in die Hitzeschlacht! Mit Isodrink, Cappy, Sonnencreme, Traubenzucker, faltbarem Trinkbeutel und kühlendem Handtuch ausgestattet, sollte ich irgendwie durch den Tag kommen. 36 Grad – und es geht noch heißer? Leider ja! Das Dach der Arena blieb bis auf eine kleine Öffnung geschlossen – aus gutem Grund. Und dennoch staute sich die Hitze erbarmungslos. Im wahrsten Sinne heiß begehrt war der emsige Eismann, der sich mit kühler Mission durch die Reihen bewegte und für Momente des Aufatmens sorgte.

Final Countdown

Um 20:45 Uhr war es endlich soweit: Auf den LED-Wänden lief ein Countdown herab. Nach stundenlangem Ausharren in der Arena vergingen die letzten zehn Minuten wie ein Wimpernschlag. Mit jeder herabrinnenden Minute stieg die Vorfreude weiter an. Dann erklang das Intro und nacheinander betraten die Musiker von Linkin Park die riesige Bühne – während riesiger Jubel losbrach.Auf den Rängen hielt es niemanden mehr auf den Sitzen. Jeder wollte das Konzert nicht bloß beobachten, sondern es vollends erleben. Zu Beginn trug Emily eine lässige schwarze Sonnenbrille. Fokussiert stand sie an ihrem Mikroständer und sang ihre Zeilen – „Somewhere I Belong“ eröffnete das Set. Ein Song, der vom Wunsch handelt, den eigenen Platz in der Welt zu finden, sich von innerem Schmerz zu befreien und endlich ganz man selbst zu sein. Die Sängerin wirkte zunächst etwas angespannt, fast ehrfürchtig, doch das sollte sich schnell legen. „I want to heal, I want to feel like I’m close to something real“ – beim Refrain stiegen Nebelsäulen in die Höhe – und ihre kraftvolle Stimme durchbrach die Zurückhaltung mit Nachdruck.

Anschnallen!

Klatschend empfing die Menge den ersten Song des aktuellen Albums: „Cut the Bridge“. Mike Shinoda huschte ein Strahlen über sein Gesicht – er trug ein Trikot mit dem eigens designten Linkin-Park-Schriftzug in stilisierter Metal-Typografie. Der treibende Beat des Tracks schoss sofort in die Beine und ließ niemanden stillstehen. Mit klarer Stimme und präziser Artikulation setzte Mike die ersten Zeilen – während Emily mit einer himmlischen Bridge einstieg, zart und schwebend, ehe beide gemeinsam mit voller Energie losrockten. Der Song, mit seiner leichten Punkrock-Attitüde, versprühte pure Lebensfreude. Von nun an war die Gluthitze vergessen. Auch im Innenraum trotzten die Fans den Temperaturen – und in den Pits entlud sich die Energie in ausgelassenem, aber kontrolliertem Chaos.

Sag niemals nie

Mike ergriff das Wort: „We’d like to hear all of your voices right now. Are you ready to sing this one?” Dieser Moment, in dem „Crawling“ erklingen würde, bereitete mir im Vorfeld Sorgen – denn dieser Song schnürt mir bis heute regelmäßig die Kehle zu. Zu präsent ist Chesters schmerzerfüllter Gesang, der einem durch Mark und Bein geht. Eine Wunde, die sich eingebrannt hat – und einfach nicht heilen will. Ich hatte mir viele Gedanken gemacht: Wie sollte es möglich sein, dieses Lied zu singen, ohne dass es zerbricht? Ohne dass etwas fehlt? Die Wahrheit ist: Es war eigentlich unmöglich. Und doch wagten sie es. Von der Bühne aus zogen sich LED-Streifen über den gesamten Steg bis hin zur Stadionmitte – ein leuchtendes Band, das Künstler und Publikum miteinander verband. Die Last dieses Songs verteilte sich auf 45.000 Schultern. Und diese hielten stand. Voller Inbrunst stimmten die Kehlen der gesamten Arena mit ein und trugen Linkin Park durch diesen Song. Emily spornte mit Gesten weiter an, suchte den Blick, das Miteinander. Und dann, im zweiten Refrain, lieferte die Sängerin gehörig ab. „Crawling in my skin“ – diese Zeile kam mit solcher Wucht, dass sich eine gewaltige Gänsehaut in mir ausbreitete. Sie füllte diesen Moment voller Hingabe – und prägte ihn bis zum Schluss mit echtem Respekt und tiefem Gefühl. Ich konnte es kaum fassen, sie haben es wirklich geschafft, diesen hochemotionalen Song nicht zu ersetzen, sondern ihm eine neue, würdige Form zu geben. „These wounds, they will not heal“ – vielleicht. Aber an diesem Abend, in diesem Augenblick, fühlte es sich so an, als hätte sich eine erste heilende Schicht über diese Wunde gelegt.

Willkommen in der neuen Ära

Scheinbar fiel in diesem Moment auch eine Last von Emilys Schultern. Fortan legte sie die Sonnenbrille ab – und taute sichtlich auf. Die Anspannung wich einer wachsenden Präsenz. Als die Band „New Divide“ anstimmte, lauschte man ihr gebannt – spürbar beeindruckt von der Klarheit und Kraft, mit der sie diesen Song trug. Es folgte der Song, mit dem die neue Ära so beeindruckend begann: „The Emptiness Machine“. Der Track, mit dem uns Emily erstmals vorgestellt wurde – und der als erster in der Geschichte der Band Platz 1 der Offiziellen Deutschen Single-Charts erreichte. Voller Wärme erklang Mikes Stimme – so einfühlsam, dass man sich fast innerlich von ihr umarmt fühlte. Emily begann dazu locker und leicht zu tanzen, ganz bei sich. Erst nach gut einer Minute setzte ihre Stimme ein: leicht rau, mit einer feinen, fast zerbrechlichen Note. Im Refrain drehte sie kraftvoll auf, ließ ihr Talent als wahre Rockröhre aufblitzen – mit Energie, Haltung und Gefühl. Schon beim ersten Hören damals hatte man das Gefühl, von diesem Song abgeholt zu werden. Es war, als reiche einem jemand eine unsichtbare Hand entgegen – mit der Einladung, diesen neuen Weg gemeinsam mit Linkin Park zu gehen. Und dieser Weg fühlte sich auch jetzt verdammt gut an.

Konfetti und Ekstase

Kraftvoll ging es weiter mit „The Catalyst“ vom Album „A Thousand Suns“. Euphorisch schnellten die Arme in die Höhe und wogen im Takt von links nach rechts. Nun erklomm Emily den langen Steg und suchte die Nähe der Fans im Arenainneren. Weißes Konfetti schoss in die Luft und rieselte über die Menge. Ein Fan war in diesem Moment völlig außer Rand und Band – er sprang ohne Umsicht nach vorn, riss die Arme hoch und versuchte, mit voller Hingabe wenigstens einen dieser fliegenden Schnipsel als Erinnerung zu erwischen. Bei „Burn It Down“ forderte Emily die Menge auf, gemeinsam mit ihr zu hüpfen – und diese folgte ihr ohne Zögern. Ekstase setzte ein, und trotz der drückenden Hitze schwächelte niemand. Die gesamte Bühne war in warmes, orangefarbenes Licht getaucht, während Emily jede Ecke ausnutzte – präsent, dynamisch, ganz bei den Menschen. „Das war geil – und sogar besser als früher!“, rief eine Frau hinter mir begeistert – und irgendwie klang da etwas mit, das viele empfanden: Hier geschah etwas Neues, aber es fühlte sich vertraut an. Und herrlich lebendig.

Improvisation ist alles

Mit „Where’d You Go“ schlug die Band ruhigere Töne an. Sanft wechselte sich Emilys Gesang mit Mikes Sprechpassagen ab – eine zarte, fast intime Dynamik entstand. Mike legte sich bedächtig die Hand aufs Herz und schien den Moment ganz in sich aufzunehmen. Auf den Rängen breitete sich ein Meer aus Handylichtern aus – wie ein leuchtendes Echo der Emotionen. Nahtlos ging der Song in „Waiting for the End“ über. Emily schloss die Augen, atmete kurz ein – und sang dann mit spürbarem Gefühl. Jede Zeile wirkte wie ein stilles Versprechen, jede Note wie ein Herzschlag. Bei den bisherigen Deutschlandkonzerten hatte Mike sich stets ein paar Sätze auf Deutsch notiert. Diesmal hatte er dies schlichtweg vergessen. Etwas hilflos rang er auf der Bühne nach Worten, die ihm gerade noch einfielen: „Ich möchte eine Pizza. Pizza ist sehr gut. Schnitzel, Bier, Rotwein.“ Die Lacher auf seiner Seite. Spontan erspähte er eine Zuschauerin in der ersten Reihe, die er kurzerhand zu seiner Dolmetscherin ernannte. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr – und sie übernahm lautstark: „Danke, dass ihr hier seid. Wir lieben euch sehr!“ Ein charmanter Ablenkungsversuch – denn währenddessen verschwand Emily unbemerkt im Backstagebereich.

Meme-Queen mit Abrissgarantie

Wenige Augenblicke später kehrte sie zurück – im kompletten Lidl-Look: Trainingsjacke, Shorts und Socken, Ein Bild für die Götter! Die Szene spielte augenzwinkernd auf ein virales Internet-Meme an, das rund um den Song „Two Faced“ entstanden war. Fans hatten bei einem Liveauftritt scherzhaft behauptet, Emily singe im Refrain nicht „too faced caught in the middle“, sondern „toothpaste caught in the Lidl“. Ein absurder Misheard-Lyrics-Moment – und Emily nahm ihn mit Humor. Ihr Auftritt im Discounter-Outfit war ein Beweis dafür, dass Linkin Park nicht nur emotionale Tiefe liefern, sondern auch glänzend über sich selbst lachen können. „Let’s do it“– ein heftiger Scream leitete „Two Faced“ ein. Das Wechselspiel der Gitarren zog einen augenblicklich in den Bann, und beherzt wurde der Schopf im Takt geschwungen. Als Emily druckvoll und wiederholend „I can’t hear myself think“ ins Mikro schleuderte, war klar: Hier braut sich etwas zusammen. Was folgte, war ein orkanartiger Schrei – so kraftvoll und roh, dass er einem den Atem raubte. Quirlige Scratches gesellten sich dazu, und das Soundgewitter wirbelte alles durcheinander, als würde der Nu-Metal-Geist persönlich über die Arena fegen. Dieser Song machte richtig Bock – und die Menge tobte. Die Arena kochte, als hätte jemand mitten im Beat die Temperatur auf Anschlag gedreht.

Er hatte einen triftigen Grund

Während Joe Hahn an den Turntables gemeinsam mit Colin Brittain an den Drums ein spektakuläres Solo entfesselte, nutzte Mike die Gelegenheit für einen Ausflug in den Bühnengraben. Er suchte die Nähe zum Publikum, schlug in ausgestreckte Hände ein, scherzte mit Fans und hielt hier und da ein kurzes, munteres Schwätzchen – ganz nah, ganz menschlich. Dann wurde es ernst: Mit festem Blick und unverkennbarer Energie begann er „When They Come for Me“ zu rappen – eindringlich, direkt, und mit einer Präsenz, die das Publikum sofort mitriss. Danach rief er alle – wirklich alle – in der Arena dazu auf, beide Hände nach oben zu reißen. Und tatsächlich: Ein ganzes Stadion folgte. Fast. Ein einzelner Fan hatte gerade eine riesige Käsebrezel in der Hand und betrachtete sie mit seligem Glück – okay, er war entschuldigt! Klatschend leitete die Menge „Given Up“ aus dem Jahr 2007 ein. Mit stolzer Kehle brüllte das Publikum begeistert mit. Und als Emily ihren ultra langen Scream abfeuerte, brandete beachtlicher Zwischenjubel auf – ein Moment purer Freude.

Gefühl auf Anschlag

„Lost“ wurde eigens für Emily neu arrangiert – und die Mühe hatte sich gelohnt. Der Song wirkte nun, als wäre er ihr direkt auf den Leib geschneidert. Zarte Pianoklänge eröffneten den melancholischen Track, der sich langsam entfalten durfte. Und Emily? Sie verzauberte uns alle im seichten Schein der Handylichter – mit einer Stimme, die zugleich verletzlich und stark war, nah und doch entrückt. Ein stiller, eindringlicher Moment. „Good Things Go“ kehrte zurück auf die Setlist – und mit ihm ein Song, der unter die Haut geht. Die Bühne wurde in tiefrotes Licht getaucht. Zu den ersten Lyrics „Feels like it’s rained in my head for a hundred days“ schien es, als würden rote Regentropfen von den LED-Wänden und den riesigen LED-Würfeln an der Bühnendecke herabrieseln. Auf eine liebliche Gitarrenmelodie folgte ein Wechselspiel aus sanftem Gesang von Mike und Emily. Was zunächst leicht poppig begann, mündete in einem Refrain, der einen selig lächelnd dahinschmelzen ließ. Kurz darauf baute sich der Song Schicht für Schicht auf – zu Mikes wortreicher Bridge gesellte sich ein kleiner, bezaubernder Lacher des Sängers. Ganz nebenbei. Und doch so echt, dass einem das Herz aufging. Das Drumspiel im Hintergrund trieb den Moment an, der Puls stieg spürbar mit. Die Intensität wuchs ins Unermessliche – bis Emily sich wieder einklinkte. Sie unterbrach Mikes Zeilen, übernahm nahtlos den Gesang und setzte nach: „Say I hate you when I don’t / Push you when you get too close”. Dann: Stille. Für einen winzigen Moment hielt man den Atem an.Und genau in dem Augenblick, als Gitarre und Emilys Stimme wieder einsetzten, entlud sich all die aufgestaute Spannung in einem einzigen, gewaltigen Gefühl. Ebenso wie die Studioversion hat mich auch der Livesong im Sturm erobert. Denn dieser Song trifft ganz tief im Inneren. Ich habe längst aufgehört zu zählen, wie oft mein Körper unweigerlich mit Gänsehaut darauf reagierte – und an diesem Abend war es ganz genauso.

Gezögert, gezündet, geflasht

Als zu „What I’ve Done“ die vertraute Klaviermelodie einsetzte, ging ein hörbares Raunen durch die Arena. Blaue Laserstrahlen durchzogen den Raum wie Erinnerungsfäden, die sich zwischen Vergangenheit und Gegenwart spannten. Erneut stiegen Bilder aus alten Zeiten im Inneren hoch – doch diesmal wirkte nichts schwer. Emily präsentierte ihre rockige Stimme mit Fokus und Selbstverständlichkeit. Souverän schwang sie sich von einem Podest aufs nächste, als sei die Bühne längst ihr Zuhause. Sie wirkte sicher, präsent – und es war wunderschön, ihr dabei zuzusehen. „Overflow“ – Liebe auf den zweiten Blick. Die Studioversion vom Album „From Zero“ schlägt eine ungewohnte Richtung ein und erinnert in seiner Atmosphäre stellenweise an Twenty One Pilots. Dementsprechend brauchte ich ein paar Durchläufe, bis der Track bei mir zündete – dann fing er aber Feuer! Im Vordergrund stand ein getragenes, dumpf pulsierendes Drumspiel, über dem Mike zwischen Gesang und Sprechgesang wechselte. Mit hoher Stimme klinkte sich Emily ein – ihr starker Refrain schien einen geradezu zu durchdringen. Insgesamt entstand eine tiefdunkle, fast beklemmende Stimmung, die sich live noch intensiver entfaltete. Der Track entwickelte eine hypnotische Anziehungskraft – und groovte gleichzeitig so sehr, dass man sich seinem Sog keineswegs entziehen konnte.

Der Ritterschlag

Auch „Numb“ glänzte mit einer brillanten Performance. Armstrong strahlte – und ihre Stimme trug den Song mit Leichtigkeit und Ausdruckskraft. Dann plötzlich: Die ersten Klänge von „In the End“. Sie durchzuckten einen sofort. Die Menge sang jedes einzelne Wort mit – laut, voller Herz, vereint. Mit „Faint“ brach endgültig das Chaos los. Das Sängerduo zündete die nächste Stufe: Ungezügelt, voller Energie. Emily headbangte wild, schrie sich die Seele aus dem Leib – und die Menge tobte in einem kollektiven Ausnahmezustand. Für wenige Minuten verabschiedete sich die Band von ihren Fans – doch natürlich waren die Zugaben trotz der Hitzeschlacht gesetzt. Mit „Papercut“ schleuderte uns Linkin Park direkt zurück ins Jahr 2000. Mike und Emily standen Seite an Seite, verschmolzen zu einer kraftvollen Einheit – in Ausdruck, Timing und Präsenz. Hätte mir in diesem Moment jemand ohne Vorkenntnisse gesagt, dass diese Band schon immer in dieser Besetzung existiert, ich hätte es ohne Zögern geglaubt. „Let You Fade“, erschienen auf der Deluxe Edition von „From Zero“. Emily begleitete den ausdrucksstarken Rocksong ganz lässig an der E-Gitarre – selbstbewusst, souverän, wie fest verwurzelt in ihrer Rolle.

Krone auf – und durch

„Heavy Is the Crown“ bezirzte das Publikum in bester Linkin-Park-Manier. Mike rappte mit gewohnter Lässigkeit, bevor seine Stimme eine sanfte Wendung nahm. Dann griff Emily ein – rau, eindringlich – und machte unmissverständlich klar, wie schwer diese Krone wirklich wiegt. Zu aufdrehenden Gitarren schrie sie sich kraftvoll frei, ihr Scream hielt ganze 15 Sekunden und ließ die Pits im Kreis wirbeln. Die Energie war enorm – und Emily mittendrin. Spätestens hier war klar: Sie hat ihren Platz in der Band gefunden. Aus der einst schweren Krone wurde an diesem Abend kein Ballast, sondern ein Zeichen von Stärke. Eine Band, schwerer denn je im Geschäft – und stärker als viele je für möglich hielten. Mike bedankte sich herzlich bei der gesamten Crew – ein Moment echter Wertschätzung, bevor mit „Bleed It Out“ der finale Abriss startete. Als rosa Konfetti in die Luft schoss, war auch unser Lieblings-Konfettijäger wieder aktiviert Zum Leidwesen der Frau vor ihm begab er sich erneut rüde in Bewegung, um noch ein weiteres Erinnerungsstück zu ergattern. Bis zum letzten Takt waren alle dabei – tanzend, singend, feiernd. „Thank you so much!“, rief Emily mit heiserer Stimme in die Menge. Die gesamte Band kam nach vorn, warf Drumsticks, verteilte Luftküsse – und Mike stieg kurzerhand in den Bühnengraben, um noch fleißig Autogramme zu geben.

Zwei Stunden Vollgas bei brütender Hitze. Linkin Park sind zurück – nicht als Schatten ihrer selbst, sondern als eine der kraftvollsten Bands unserer Zeit. Und Emily? Hat ihren Platz nicht nur gefunden – sie hat ihn sich verdient. Manche Bands verblassen mit der Zeit – Linkin Park strahlen. Sie verbinden Generationen. Und erinnern uns daran, warum wir uns überhaupt in Musik verlieben.

Setlist LINKIN PARK:
„Somewhere I Belong“ • „Cut the Bridge“ • „Crawling“ • „New Divide“ • „The Emptiness Machine“ • „The Catalyst“ • „Burn It Down“ • „Up from the Bottom“ • „Where’d You Go“ • „Waiting for the End“ • „Castle of Glass“ • „Two Faced“ •  „When They Come for Me / Remember the Name“• „Given Up“ • „One Step Closer“ • „Lost“• „Good Things Go“ • „What I’ve Done“ • „Overflow“ • „Numb“• „In the End“ • „Faint“••• „Papercut“ • „Let You Fade“ • „Heavy Is the Crown“ • „Bleed It Out“

Text: Nadine Kloppert
Photos: Michael Gamon

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