Q+A / Story (1): ROME: „… der wohl schwärzeste Text…“

Foto: Joe Tremmel (www.joefotografie.com)

2 Fakten: 

– Jérôme Reuter gründete ROME vor ziemlich genau 17 Jahren, das erste Album „Nera“ erschien 2006.
– Im Laufe des folgenden Interviews spricht Jérôme über einen Namenrechtsstreit. Es geht dabei um die amerikanische Ska-Punk-Band Sublime with Rome, die diesen Namen seit 2010 nutzt und Namensrechtsanspruch klarmachen will. Dass diese Rechnung nicht so recht aufgehen will, zeigen ja allein die Zahlen. Einen Teilerfolg konnte Jérôme bereits erzielen. 

Orkus: Kannst du einschätzen, wie lange du für die Fertigstellung von „Hegemonikon“ gebraucht hast? 

Jérôme Reuter: Nein, das kann ich so direkt jetzt gar nicht mehr sagen. Wie einige bestimmt mitbekommen haben, hatte ich etliche juristische Probleme wegen Namensrechten zwischen diesem und dem letzten Album zu bewältigen, und das hat alles natürlich erheblich verzögert. Dann hat die Pandemie sicherlich auch nicht geholfen und jetzt haben wir Krieg. – All diese Dinge haben mächtig auf den Produktionsprozess eingewirkt – allein schon wegen dem Ressourcenmangel, was die physische Produktion der Vinyl angeht zum Beispiel. Das Album ist schon geraume Zeit fertig und ich hab das schon alles lange weggepackt … Also zumindest arbeite ich gerade munter weiter an diversen Projekten und zwischenzeitlich kam ja auch die „Defiance“-EP raus, die eigentlich nach „Hegemonikon“ fertig war, aber eben vorher rauskam – rauskommen musste – weil mir dieser Krieg in Europa natürlich unter den Fingern brennt. „Defiance“ sind vier Tracks zum Thema, die ich im Juli ausschließlich digital zur Verfügung gestellt habe, als Support für die Ukraine.

Anmerkung der Redaktion: Über „Defiance“ und was das eigentlich bedeutet, die Ukraine mitten im Krieg zu bereisen, haben wir in der Herbstausgabe gesprochen.

O: Was war die größte Herausforderung beim Erschaffen von „Hegemonikon“?

JR: Ich kann mich jetzt nicht mehr an große Schwierigkeiten erinnern. Ich bin mit meinem Mitstreiter, Tom Gatti, der mir seit Jahren im Studio zur Seite steht, mittlerweile ein doch perfekt eingespieltes Team. Also klar hat so ein Prozess gewisse Phasen, in denen nicht alles so gut voranschreitet, wie man vielleicht gedacht hatte, aber gegen Ende geht es dann trotzdem immer schnell und plötzlich ist das Kind raus und will abgenabelt werden.

O: In unserem letzten Gespräch hast du angekündigt, dass es elektronischer wird. Das kann erst mal für hochgezogene Augenbrauen sorgen. Bis man es gehört hat. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass „mehr Elektronik“ so perfekt mit „dem ROME-Klang“ harmoniert. Wie ist dieser Wunsch oder das Bedürfnis entstanden, den Sound in diese Richtung zu gestalten?

JR: Das Ganze mit den elektronischen Elementen, den analogen Synthesizern, war wohl die größte Herausforderung bei der Zusammenstellung von „Hegemonikon“. Ich bin sehr froh, dass das auch in deinen Augen zu harmonieren scheint. Es hat sicherlich etwas Arbeit gekostet, das – mit aller nötigen Vorsicht und Behutsamkeit – in den ROME-Sound zu integrieren. Der Wunsch danach entsprang sicherlich dem Bedürfnis nach einem gewissen Facelift für den ROME -Sound insgesamt. Man will sich ja nicht ständig wiederholen und hat sich dann auch nach und nach an einigem satt gehört. Wie so oft in der Kunst ist vieles auch das Resultat von Zufällen, bzw. davon, dass neues Equipment irgendwo auftaucht und man sich da etwas mit amüsiert. Erstmal rein aus Spaß. Aber der Sound dieser alten Maschinen hat mich jetzt einfach mal interessiert. Und daraus ergibt sich ja auch eine ganz andere Ästhetik.

O: Das Albumcover zeigt einen Eisbrecher, was in Kombi mit dem Albumtitel zu den verschiedensten Interpretationen verleitet. Was siehst du?

JR: Eisbrecher sind ja ziemlich erfolgreich, glaub ich. Das färbt dann vielleicht mal ab. Aber ernsthaft: Man sollte da jetzt nicht arg schlau über Offensichtliches philosophieren. Als Metapher funktioniert das jedenfalls ganz gut mit dem Schiff.

O: Besonders beeindruckend fand ich das düstere „Icarus Rex“. Vom Himmel gefallen und dann zum König geworden?

JR: Der Song ist jedenfalls vom Himmel gefallen, ja. Der entstand relativ spontan beim Rumbasteln mit einem alten Moog Synth.

O: Musikalisch fühlt sich „Surely Ash“ im Kontrast zum Text beinahe hoffnungsvoll an. Ist das bewusst so entstanden?

JR: Naja, es ist eben genau dieses Aufeinanderprallen quasi konträrer Stimmungen, die den Song für mich so interessant macht. Ich glaube – rein persönlich – ist das der wohl schwärzeste Text aus meiner Feder seit Langem.

Im nächsten Teil führen wir unser Gespräch mit Jérôme fort

(Interview: Claudia Zinn-Zinnenburg, Foto: Joe Tremmel (www.joefotografie.com)

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