VINCE VOLTAGE im Photo-Art
„… das Schöne im Hässlichen, die Eleganz im Grotesken.“
Vince Voltage kommt aus einer kleinen malerischen Küstenstadt im süddeutschen Raum und beschäftigt sich seit über zehn Jahren autodidaktisch mit der Fotografie: „Ich hasse Gebrauchsanweisungen – also habe ich einfach angefangen“, grinst er. Eines seiner Kunstwerke ziert auch unseren neuen Orkus!-Kalender 2025. Sein Stil ist unverkennbar – der Tabubruch quasi ein Muss, wobei dieser nie gekünstelt ist, sondern immer einer gewissen Notwendigkeit heraus entspringt. Wir sprechen mit dem sympathischen Ausnahmekünstler, der auch musikalisch einiges drauf hat.
Orkus: Wann kam das erste Mal der Gedanke auf, dich mit Fotografie zu beschäftigen? Gab es eine Art Schlüsselerlebnis?
Vince Voltage: Absolut. In meinem neuen Buch „Bis ganz nach oben – die Kunst des Aufstiegs“, das zufällig gerade erschienen ist, schreibe ich im Kapitel „Titten und Taucherglocken“ darüber, wie ich meine Vision gefunden habe – oder besser gesagt, wie sie mich gefunden hat. Mit Fotografie begann ich während der ersten Europatour mit Pussy Sisster. Wenn ich nicht gerade Koks konsumierte oder kiloweise Groupies umpflügte, spazierte ich mit meiner Kamera durch die Städte, in denen wir gastierten. Bald wurde mir das bloße Fotografieren von Metropolen zu langweilig, und ich begann, Menschen zu fotografieren. Die Idee zu meinem ersten Photoshop-Composing kam mir zwischen Miami und Key West, beim Besuch eines Taucherglockenmuseums. Im Rahmen meiner „Iron Republic“-Serie photoshopte ich martialische Taucherglocken auf die Körper meiner Modelle. Kurz darauf wurde die Reihe im Amtsgericht Stuttgart ausgestellt.
O: Was hast du am liebsten vor der Kamera?
VV: Spannende Motive interessieren mich generell. Spannung entsteht durch Brüche mit dem Erwarteten – etwa durch das Zusammenführen untypischer Elemente, wie Taucherglocken und zierliche Models. Meine Motive sollen Geschichten erzählen, Emotionen auslösen und dazu einladen, das Schöne im Hässlichen, die Eleganz im Grotesken zu suchen – und vice versa.
O: Deine Bilder haben einen ganz persönlichen, oftmals äußerst gewagten Stil. Gibt es etwas, das du dir gar nicht vorstellen kannst, jemals zu fotografieren?
VV: Langweilige Dinge, die schon tausendmal fotografiert wurden. Wenn ich nach Tokio gehe, fotografiere ich nicht den Tokyo Tower, sondern die Fischbude in einer Seitenstraße. Beim Shooting fotografiere ich keine Frauen im Einkaufswagen, mit Indianerschmuck im Maisfeld oder mit einer Whiskyflasche zwischen den Beinen. Diese Motive sind ausgelutscht – und sie sind scheiße. Ich mag das Abseitige, das Nicht-Offensichtliche. Das Belanglose interessiert mich nicht.
O: Und was möchtest du unbedingt einmal vor der Linse haben?
VV: Glücklicherweise lebe ich in dem Luxus, dass ich viele meiner Ideen bereits verwirklichen konnte. An einem geheimen Ort liegen noch handgeschriebene Zettel mit etwa fünfhundert Ideen, die auf ihre Umsetzung warten. Ich müsste langsam anfangen, gesünder zu leben, damit ich noch alle realisieren kann.
O: Lässt du dich auch gerne selbst fotografieren?
VV: Natürlich setze ich mich gerne selbst in Szene – besonders in meinem Trademark „Neo Dark Art“-Style. Ein Künstler sollte sein Werk auch selbst ein Stück weit verkörpern.
O: Erzähl uns doch von deinem bisher spannendsten oder ungewöhnlichsten Erlebnis mit der Studio-Fotografie.
VV: In diesen zehn Jahren gibt es vermutlich nichts, was in meinem Studio nicht passiert ist. Menschen haben sich kennen und lieben gelernt, und drei meiner Shootings endeten im Krankenhaus. Als Strafe für all die Ausschweifungen schickte mir Gott letztes Jahr eine Rattenplage und eine Überschwemmung – Katastrophen biblischen Ausmaßes. Das Studio wurde mit Hilfe meines Freundes Dino Sadino wiederhergestellt und freut sich seither wieder über die monatlichen Besuche von Freigeistern und Kreativen aus aller Welt.
O: Was reizt dich heute am meisten an der Fotografie?
VV: Die Welt durch meine Augen zu zeigen. Alles, was dich umgibt – der Stuhl, auf dem du sitzt, der Bildschirm, auf den du schaust, und das Vince-Voltage-Poster, vor dem du schmachtest – all das war einmal die Idee von jemandem. Es war ein Funken in einem rosafarbenen, wackeligen Klumpen, bis jemand beschlossen hat, diese Vision in die Realität zu pressen.
O: Ein Fashion-Label hast du jetzt auch? Wie ist das passiert? Erzähl doch bitte mal!
VV: Mein sehr guter Freund Christian Eberle, ein kreativer Visionär, veranstaltet jedes Jahr in München die bedeutendste Kink-Modenschau der Stratosphäre. Es war seine Idee, aus meinen Motiven tragbare Kunstwerke zu machen – Mode für Mutige. „Dare to wear“ lautet das Motto. Realisiert habe ich das Ganze mit 28 Models bei der diesjährigen Venus Berlin. Natürlich durften Voltage-typische Showelemente wie Hackfleisch, Sprühsahne und Glitzer nicht fehlen. Abgerundet wurde das Spektakel durch Dinos Accessoires und einigen avantgardistischen Kreationen von T2, die zu diesem Event mit Voltage Couture kollaborierten.
O: Musikalisch bist du auch begabt und hast mit „Hard Rock Survivor“ ein Album herausgebracht. Bzw. warst schon lange vor deiner Karriere als Fotograf in einer Band. Wie kam es dazu, und welchen Part nimmst du da ein?
VV: Ich habe acht Jahre lang bei Pussy Sisster als Gitarrist meine Kaviarbrötchen verdient, zwei Alben eingespielt und unzählige Shows absolviert. Doch jede Straße führt zu einem Ende, und ich beschloss, dass das Baltic Open-Air 2018 meine letzte Show als Live-Gitarrist sein würde.
O: Und wie kam es dann zu „Hard Rock Survivor“?
VV: Ich hatte Gefallen daran gefunden, ein eigenes Album aufzunehmen, bei dem wirklich niemand außer mir etwas zu sagen hatte. Deshalb wurde es auch so gut. Außerdem deutete sich an, dass die Fotografie mehr Potenzial für kreative Verwirklichung bot.
O: Wie sieht die nahe Zukunft von Vince Voltage aus? Was ist geplant?
VV: Aktuell werden ein paar Promo-Auftritte und Signierstunden für mein neues Buch vorbereitet. Dann arbeite ich an Designs für meine neue Voltage-Couture-Kollektion, die ich nächstes Jahr bei der Avantgardista zeigen werde. Anschließend geht es nach Berlin zur Fetischnale in der Pandora-Galerie, wo es neben einer (natürlich streng geheimen) Kunstinstallation auch meine ersten gezeichneten Werke zu bestaunen gibt. Ich verrate nur, dass es für die Besucher Regencapes geben wird – aus gegebenem Anlass. Im Januar steht die Sanctuary-Party an, bei der ich meine letzte Installation mit Lola Noir zeigen werde, die den bedeutungsschwangeren Namen „Das letzte Solo“ trägt. Auch musikalisch werde ich wieder aktiv sein. Das von mir ins Leben gerufene VAI-Project nutzt KI-Technologie zur Realisierung verschiedener musikalischer Visionen. Dabei geht es auch in die düstere Industrial-Ecke, mit Songs wie „Fuck Art – Let’s Fuck“ oder „AI Will Kill Us All“, die bereits auf Spotify zu hören sind. In diesem Zuge werde ich auch ein paar DJ-Gigs bestreiten. Mal sehen, wohin die Reise führt.
O: Gibt es auch etwas, das du nicht kannst?
VV: Eigene Unzulänglichkeiten und Grenzen akzeptieren. Ich mag es nicht, wenn mir jemand sagt, was ich tun soll, und es fällt mir sehr schwer zu akzeptieren, dass etwas nicht möglich sein soll. Und im Trampolinspringen bin ich auch nicht so gut.
O: Was verbindet dich persönlich mit der schwarzen Szene?
VV: Eine ganze Menge. Ich habe euch einen bunten (bzw. düsteren) Blumenstrauß an Motiven meiner „Neo Dark Art“-Reihe mitgebracht, die ich beim Wave-Gotik-Treffen zeigen durfte. Diese Sparte ist seit der ersten Stunde ein wichtiger Bestandteil meines Projekts, da es im Dunklen sehr viel Anmutiges zu entdecken gibt – wenn man es denn möchte. Ich liebe die Ästhetik, die der schwarzen Szene innewohnt. Die Ausstellung beim WGT war ein Meilenstein, der vieles ins Rollen gebracht hat – unter anderem Events im KitKatKlub und in Los Angeles. Früher oder später werde ich dort ganz bestimmt wieder zu sehen sein.
Mach Dir selbst ein Bild von der wundersamen Welt von Vince Voltage:
Unserer aktuellen Ausgabe liegt der Orkus!-Kalender 2025 bei, bei dem auch eine Fotografie von Vince Voltage dabei ist:
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Vince Voltages Buch „Raw Love“ ist noch in geringen Stückzahlen erhältlich:
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Höre Dir „Fuck Art – Let’s Fuck“ auf Spotify an:
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