THE HOUSE OF USHER im Interview (Teil 3)

The House of Usher

„Das Vertrauen, dass alles einen tieferen Sinn hat…“

In den ersten beiden Teilen (den ersten kannst Du hier nachlesen) haben wir mit Jörg ausgiebig über „Echosphere“ gesprochen, haben den Bogen von künstlicher Intelligenz bis zur Melancholie gespannt, haben einen Ausflug in die Anfänge der 1990 gegründeten Gothic-Rock-Band gemacht und setzen jetzt die Hoffnung in den Fokus.

Orkus: Einen Hoffnungsschimmer höre ich in „For the Rest of My Days“ heraus. In welcher Stimmung ist dieses Stück entstanden?
Jörg Kleudgen: Unsere Songs, vor allem die, die Markus schreibt, haben grundsätzlich immer auch eine hoffnungsvolle Komponente. Der Text ist in der kurzen Zeit zwischen Schlafen und Wachsein nach einem intensiven Traum entstanden. Ursprünglich hatte ich einen ganz anderen Text zu diesem Stück geschrieben, und die Musik war eher eine ruhige Ballade. Aber dann fühlte ich diese tröstliche und versöhnliche Kraft in mir, die ich unbedingt umsetzen wollte. Also habe ich einen neuen Text verfasst und das Stück komplett umarrangiert.

O: Was gibt dir persönlich Hoffnung?
JK: Das Vertrauen, dass alles einen tieferen Sinn hat, den ich manchmal zum jeweiligen Zeitpunkt noch nicht verstehe. Ich versuche, auch negativen Ereignissen etwas abzugewinnen. Ein Schicksalsschlag bewegt mich vielleicht dazu, eine Geschichte oder einen Songtext zu schreiben. Vielleicht ist ein negatives Ereignis aber auch notwendig, um mich aus der oben beschriebenen Komfortzone herauszuholen.

O: Besonders berührt hat mich auch „Garlands and Mistletoes“. Das vergebliche Warten auf jemanden, der nicht wiederkommen wird … wie bist du an das Thema rangegangen?
JK: Als Markus mir sein Demo schickte, hat mich die Stimmung an „Love Vigilantes“ von New Order erinnert. Ich habe versucht, die dargestellt Situation aus der gegenteiligen Sicht zu beschreiben. Im New-Order-Stück schildert ein Soldat die Sehnsucht nach seiner geliebten Frau und seinem Zuhause. Er scheint auf dem Weg dorthin zu sein. Doch als er daheim ankommt, stellt er fest, dass er ein Geist ist, und seine Frau gerade die Nachricht erhalten hat, dass er im Krieg gefallen ist. In „Garlands and Mistletoes“ kommt die irrationale Hoffnung zum Ausdruck, dass nach vielen Jahren doch alles eine glückliche Wendung nehmen und ein Wunder geschehen könne. Es ist ein Lied gegen den Krieg, und ich glaube, wir brauchen in der heutigen Zeit, in dem der Krieg als scheinbar unvermeidliches Mittel akzeptiert wird – wieder Lieder, die uns die Auswirkungen auf das Leben des Einzelnen bewusst machen.

O: Von „Believers“ inspiriert: Glaubst du an ein Leben nach dem Tod?
JK: Das … ist schwierig und nicht in wenigen Sätzen zu beantworten. Im Grunde ist es auch nicht wichtig, weil ich keinen Einfluss darauf habe, was sein wird. Ich denke, dass auch der Tod etwas Versöhnliches haben kann. Ich habe Menschen erlebt, die zum Gehen bereit waren, weil sie auf ein erfülltes Leben zurückblicken konnten. Ich bin noch nicht so weit. Da gibt es noch eine ganze Reihe Dinge zu erledigen …

O: Wie empfindest du „die Szene“ heute? Was findest du gut und was vielleicht weniger?
JK: Ich glaube, die Szene an sich ist naturgemäß gealtert, und sie ist auch zersplitterter als früher. Ich fand es gut, wenn ich früher rausging und Skinny Puppy gleich nach The Sisters of Mercy hören konnte, oder neue deutsche Bands wie Myrna Loy neben all den Klassikern. Heute gibt es quasi für jede Nische eine eigene Party. Es ist schwieriger geworden, aneinandergrenzende Zielgruppen zu erreichen. Und wenn du vom klaren Weg abweichst, kann das leicht als „Verrat“ ausgelegt werden. Ich habe zum Beispiel gerade für das Leipziger Elektro-Duo Gintronic ein Stück gesungen, und sie haben im Gegenzug „Echoes“ auf ihre Weise neu interpretiert. Wir überlegen, diese beiden Songs auf einer 10″-Vinylschallplatte herauszubringen. Ich bin sicher, dass das von den Fans, die uns so mögen, wie sie uns seit Jahren kennen, auch kritisch gesehen wird, aber ich finde diesen Ausflug in ein anderes Genre sehr spannend!

O: Wie sehen die Zukunftspläne von The House of Usher aus?
JK: Wir arbeiten gerade an einem neuen Liveprogramm und einer neuen Bühnenpräsenz, die ich „Thou 2.0“ nenne. Beim WGT werden wir auf einem interessant besetzten Festival im Hellraiser-Club auftreten (unter anderem mit Girls under Glass, Still Patient? Und The Waning Moon), und wir möchten nicht bloß das Programm reproduzieren, das wir 2023 unter anderem in Brügge, Athen und Bolkow gespielt haben.

Auf ein Konzert am 22. November in Bochum freue ich mich besonders. Dann werden wir in verschiedenen Original-Besetzungen von 1993 bis heute Stücke aus den einzelnen Phasen spielen, Songs aus „Black Sunday“ und „Stars Fall Down“ (1993/94), „Zephyre“ (1996), „Cosmogenesis“ (1998) und so weiter …

Das wird ein großes Familientreffen, das kein Fan verpassen sollte!

Claudia Zinn-Zinnenburg

Line-up:
Jörg Kleudgen – Gesang, Arrangements
Markus Pick – Gitarren, Bassgitarren
Ralf Dunkel – Bassgitarren, Synthesizer
Georg Berger – Gitarren, Synthesizer
Gerwin Spalink – Schlagzeug, Synthesizer
Thomas Walther – Akustikgitarren, Melotron, Gesang

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